Bei lebensbedrohlichen Erkrankungen müssen gesetzliche Krankenkassen auch für alternative Behandlungsmethoden aufkommen, wenn keine wissenschaftlich abgesicherte Therapiemöglichkeit besteht. Mit diesem am Freitag in Karlsruhe veröffentlichten Beschluß gab der Erste Senat des Gerichts der Verfassungsbeschwerde eines mittlerweile 18 Jahre alten Mannes statt. Er leidet an einer bis heute unheilbaren Muskelerkrankung (Duchennesche Muskeldystrophie). Sie geht mit schweren Beschwerden einher und führt zu einer deutlich verkürzten Lebenserwartung. Das Bundessozialgericht hatte bereits im Jahr 1997 seine Klage gegen die Barmer Ersatzkasse (BEK) abgewiesen, in der er als Familienangehöriger mitversichert war. Die BEK hatte sich geweigert, eine von einem Allgemeinmediziner durchgeführte Behandlung mit Thymuspeptiden, Zytoplasma, homöopathischen Mitteln sowie hochfrequenten Schwingungen zu bezahlen. Die Eltern des Patienten hatten dafür in rund zwei Jahren umgerechnet etwa 5000 Euro aufgewandt. Die Richter sahen nun in der Ablehnung durch die Krankenkasse einen Verstoß gegen die allgemeine Handlungsfreiheit, das Sozialstaatsprinzip sowie die Schutzpflicht des Staates. Hiermit sei es nicht vereinbar, die meisten Bürger einer Versicherungspflicht zu unterwerfen, sie aber bei einer lebensbedrohlichen Krankheit von neuen Behandlungsmethoden auszuschließen, wenn es keine schulmedizinische Therapie gebe. Allerdings müsse eine „nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf“ bestehen (Az.: 1 BvR 347/98).
(Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17.12.2005 Seite 14)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
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