Bei Verkehrsunfällen mit Beteiligung von Fußgängern oder Fahrradfahrern laufen Autofahrer Gefahr, für Schäden mitzuhaften, selbst wenn sie keine Schuld am Crash trifft. Die Kfz-Haftpflicht-Versicherung tritt ein. Folge: Der Halter wird beim Schadenfreiheitsrabatt zurückgestuft, falls der schwächere Verkehrsteilnehmer Schadenersatz geltend macht.Erst kürzlich hatte das Amtsgericht Neuburg/Donau in einem exemplarischen Fall einen Radler teilweise von der Haftung für einen Unfall freigesprochen (VersicherungsJournal 30.8.2005). Der Radfahrer war auf die Gegenfahrbahn geraten und mit einem entgegenkommenden Auto zusammengestoßen. Urteil im Einklang mit neuem RechtDie private Haftpflichtversicherung des Radlers erstattete der Autofahrerin deren Schaden nur zu 75 Prozent. Das fand das Gericht in Ordnung. Die Kollision sei keine „höhere Gewalt” gewesen – also kein „von außerhalb des Straßenverkehrs unvorhersehbar eintreffendes Ereignis”, sondern ein Unfall „im Zusammenhang mit dem fließenden Straßenverkehr” (Az.: 3 C 565/04). Es blieb deshalb bei der Mithaftung der Autofahrerin zu einem Viertel. Dieses Ergebnis entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers, der inzwischen nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer gegenüber motorisierten besser gestellt hat (VersicherungsJournal 24.6.2002 und 26.3.2002).Kfz-Versicherte bezahlen für Schäden durch SchwächereFolge: Solche Schäden werden quasi stillschweigend von der Kfz-Haftpflichtversicherung reguliert, was zu steigenden Beiträgen für die betroffenen Autofahrer führt. „Muss ich mich also samt Auto in Luft auflösen, falls ein Radfahrer geflogen kommt?”, fragte ein Leser sarkastisch. Als Autofahrer sei man nun mal selbst daran schuld, wenn man sich gerade an diesem Ort „betriebsgefährlich" aufhält?!„Das ist so”, bestätigt Michael Salzburg. Schon früher mussten Autofahrer für jeden Schaden mithaften, es sei denn, der Unfall war unabwendbar. „Das war der Fall, wenn der so genannte Idealfahrer (unerträglicher Schleicher mit Hang zur Vollbremsung) den Crash beim besten Willen nicht hätte verhindern können”, erklärt der Berliner Versicherungsmakler. Ausweg aus Haftungsfalle hieß unabwendbares Ereignis War der Unfall kein unabwendbares Ereignis, haftete der Autofahrer auch ohne eigenes Verschulden. Die Schuld von Fußgängern oder Radfahrern wurde nur haftungsmindernd berücksichtigt. Als typisch gilt laut Salzburg, der die Geschäfte von Friedels Fairsicherungsbüro Langer & Salzburg führt, eine Entscheidung des OLG Celle.Das Gericht sah eine Mithaftung des Pkw-Fahrers am Unfall mit einem spielenden Kind von 40 Prozent – allein wegen der Betriebsgefahr des Pkw (Az.: 14 U 295/00). Der Fahrer musste in dieser Höhe materiellen Schadenersatz über seine Kfz-Haftpflicht-Police leisten.Jetzt haftet Autofahrer außer bei höherer GewaltSalzburg weiß aus Erfahrung mit seinen Kunden, dass sich diese immer häufiger ärgern, trotz Schuldlosigkeit allein wegen der Quotelung aufgrund der Betriebsgefahr in der Kfz-Haftpflicht-Versicherung hoch gestuft zu werden.Seit 1. August 2002 können sich Autofahrer bei Unfällen zwischen einem stärkeren und einem schwächeren Verkehrsteilnehmer nicht einmal mehr auf ein unabwendbares Ereignis berufen. „Jetzt gibt es eine Enthaftungsmöglichkeit nur noch bei höherer Gewalt, so der Makler. Die gebe es aber beinahe nur bei Naturkatastrophen. Soziale Schadenabwicklung auf Kosten der AutoversichertenFolge: „Bei Unfällen zwischen starken und schwachen Verkehrsteilnehmern haftet auch ein sich idealtypisch verhaltender Fahrer über die Betriebsgefahr mit”, erläutert der Makler. „Der Versicherer hat also in dem vom Amtsgericht Neuburg entschiedenen Fall korrekt reguliert”. Dem Radfahrer konnte das freilich egal sein, da sein Privathaftpflicht-Versicherer ihn von allen Schadenersatz-Ansprüchen freigestellt hat, ergänzt Salzburg. Ungünstig kann es für den Kfz-Fahrer kommen, wenn der Radfahrer sich verletzt und selber Ansprüche geltend macht: Dann wird der Halter in der Kfz-Haftpflicht-Versicherung hoch gestuft, obwohl ihn am Unfall eigentlich keine Schuld trifft.
(Quelle VersicherungsJournal 07.09.2005)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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