29.08.2005
Fußballer haftet persönlich für „Blutgrätsche"

Bei einem groben Foul droht dem Sünder neben einer roten Karte auch eine Haftung auf Schadensersatz. Dies hat der zuständige Spezialsenat des Oberlandesgerichts Hamm (OLG) entschieden (Az.: 34 U 81/05). Was war passiert? Im März 2003 hatte ein Fußballer während des Spiels zwischen zwei Amateurmannschaften aus dem Ruhrgebiet – ohne den Ball zu spielen – in das Bein seines Gegenspielers gegrätscht. Der verletzte sich dabei so schwer, dass Arzt- und Krankenhauskosten von mehr als 6.000 Euro zur Ausheilung nötig wurden.„Treter” müssen Schadenersatz leistenDen Schaden wollte der Gefoulte vom Übeltäter persönlich ersetzt haben. Der weigerte sich zu zahlen. Da ging das Opfer vor Gericht – mit Erfolg: Das Landgericht Bochum verurteilte ihn zu vollem Schadenersatz. Der Foul-Spieler hatte zunächst Berufung beim OLG eingelegt. Nach dessen rechtlichen Hinweisen hat der Mann seine Berufung zurückgenommen. Somit ist das Urteil des Landgerichts rechtskräftig geworden.In vielen Fällen keine HaftungIn dem rechtlichen Hinweis hat das OLG ausgeführt: Teilnehmer an einem sportlichen Kampfspiel mit nicht unerheblichem Gefahrenpotential, bei dem auch bei Einhaltung der Wettkampfregeln oder bei geringfügigen Regelverstößen die Gefahr bestehe, sich gegenseitig Schäden zuzufügen, nehme grundsätzlich Verletzungen in Kauf, die auch bei regelgerechtem Spiel nicht zu vermeiden seien. Bei geringfügigen Regelverstößen in wettbewerbstypischen Risikolagen scheide damit eine Haftung regelmäßig aus. Als Beispiele führten die Richter übereifrigen Einsatz, bloße Unüberlegtheit, wettkampfbedingte Übermüdung oder bloßes technisches Versagen auf.Übertriebene Härte wird teuer Verhaltensweisen eines Spielers, die sich noch im Grenzbereich zwischen kampfbetonter Härte und unzulässiger Unfairness bewegten, begründeten daher noch keine Ansprüche auf Schadensersatz. Wenn allerdings die Härte übertrieben und damit die Grenze zur unzulässigen Unfairness überschritten werde, bestehe eine Haftung auf Schadensersatz.Dies sei hier klar der Fall, da der Übeltäter keine Chance und auch keine Absicht hatte, den Ball überhaupt zu treffen. Die Verletzung des Opfers sei damit unausweichlich gewesen. In vergleichbaren Fällen der Vergangenheit hatten Gerichte weniger drastisch entschieden, weil die Grenze zur Unfairness fließend sei.Nachweis für Gerichte schwierigDas billigende In-Kauf-Nehmen von schweren Verletzungen sei zudem im Einzelfall schwer nachweisbar. Oft gingen Richter daher bei Unfällen davon aus, dass der Schaden im Eifer des Gefechts passiert sei, und lehnten eine Haftung ab (VersicherungsJournal 16.6.2005).Mit der jetzigen OLG-Entscheidung dürfte sich insbesondere mancher Verteidiger bis hin in die höchste deutsche Fußball-Spielklasse warm anziehen müssen. Zwar hätten die Vereine generell eine Sport-Versicherung abgeschlossen, die auch eine Haftpflicht-Versicherung einschließt (VersicherungsJournal 20.2.2003).Haftpflicht-Versicherung hilft nur bedingtDie Deckungssummen reichen von 750.000 Euro (Brandenburg) über 2,6 Millionen Euro (Hamburg; Bayern; NRW; Rheinland; Schleswig-Holstein) bis 3 Millionen Euro (Sachsen; Thüringen). Meist sind 10 Prozent Selbstbehalt pro Schadenfall fällig.Die private Haftpflicht-Versicherung bietet zwar höhere Deckungssummen und gilt als unverzichtbar (VersicherungsJournal 16.6.2003 und 24.5.2004). Haftpflicht-Versicherer dürften jedoch bei solch groben Fouls wie im Streitfall von Vorsatz ausgehen und den Deckungsschutz versagen. Damit bliebe der Foulspieler auf dem vollen Schaden sitzen
(Quelle: VersicherungsJournal 22.08.2005)

Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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