05.07.2004
Einfacher, transparenter, zeitgemäß: das neue Kostenrecht tritt in Kraft

Am 1. Juli 2004 tritt das Kostenrechtsmodernisierungsgesetz in Kraft, das die Gerichtskosten, die Rechtsanwalts- und Sachverständigenvergütung sowie die Entschädigung für Zeugen und ehrenamtliche Richter grundlegend neu gestaltet. Das Gesetz beruht auf einem breiten, überparteilichen Konsens und wurde unter Beteiligung der Anwaltschaft und der Sachverständigenverbände erarbeitet.
„Die bisherigen Regelungen wurden strukturell neu gestaltet, um das Kosten- und Vergütungsrecht einfacher und transparenter zu machen. Bürgerinnen und Bürger sparen Geld, wenn sie sich außergerichtlich einigen. Dieser Leitgedanke spiegelt sich in der neuen Struktur von Gerichtskosten und Rechtsanwaltsvergütung wider. Auch für Anwälte setzt das neue Recht Anreize, ihre Mandanten bei außergerichtlichen Streitbeilegungen zu unterstützen. Auf diese Weise kann die Novelle ihr Ziel erreichen: die Gerichte zu entlasten und die am Verfahren Beteiligten zeitgemäß zu vergüten", sagte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.
Rund 10 Jahre waren die Vergütungen für Rechtsanwälte, Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer unverändert. Mit dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz wurden sie den allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklungen maßvoll angepasst. Die Erhöhungen haben sich an den Preissteigerungen der vergangenen rund 10 Jahre in Höhe von durchschnittlich ca. 1,4 Prozent pro Jahr orientiert, die nun ausgeglichen werden. Zum Vergleich: der Einkommenszuwachs in der gewerblichen Wirtschaft betrug im Vergleichszeitraum durchschnittlich 2,6 Prozent jährlich. „Anwältinnen und Anwälte dürfen nicht von der allgemeinen Einkommensentwicklung ausgeschlossen bleiben. Dennoch muss sich niemand aus finanziellen Gründen um seine Rechtverfolgungsmöglichkeiten sorgen. Selbstverständlich gelten die Regelungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe unverändert fort. Damit hat weiterhin jede und jeder die Möglichkeit, ihre bzw. seine berechtigten Interessen zu verfolgen“, unterstrich Zypries.
Der sogenannte Ostabschlag in Höhe von bislang 10 % auf die Gebühren und Entschädigungssätze in den neuen Bundesländern entfällt im gesamten Kostenrecht.
Erläuterungen zum Inhalt im Einzelnen:
Rechtsanwaltsvergütung
Die teilweise über 120 Jahre alte Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung ist durch ein modernes Anwaltsvergütungsrecht abgelöst, das sich an den heutigen Aufgabenschwerpunkten der Anwaltschaft orientiert. Leistungsgerechte Gebühren orientieren sich nun stärker als bisher an Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit. Dies führt dazu, dass sich das neue Vergütungsrecht unterschiedlich in den einzelnen Tätigkeitsfeldern des Anwalts auswirkt. Zudem ist das Vergütungsrecht übersichtlicher und leichter anzuwenden.
Das anwaltliche Engagement für eine außergerichtliche Streitbeilegung wird stärker honoriert, da dies den Rechtsfrieden fördert und die Gerichte weiter entlastet. Bürgerinnen und Bürger können von dem ab Mitte 2006 geplanten Wegfall der Gebührenregelung für die außergerichtliche anwaltliche Beratung profitieren. Dies erleichtert frei ausgehandelte, günstige Vergütungsvereinbarungen und stärkt den Wettbewerb.
Der Wegfall der Beweisgebühr in allen gerichtlichen Verfahren, der durch eine Erhöhung anderer Gebühren ausgeglichen wird, wird die frühzeitige Einigung der Parteien fördern und die für alle Beteiligten zeit- und kostenintensive Beweisaufnahmen vermeiden helfen.
Vorteilhaft für Bürgerinnen und Bürger ist, dass einvernehmliche Scheidungen preiswerter werden: statt bisher 3 Gebühren nur noch 2,5 Gebühren.
Im Strafrecht gilt verallgemeinernd: für den Verurteilten wird es teurer. Dies nicht zuletzt deshalb, weil Strafverteidiger in der Vergangenheit nicht an der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung partizipiert haben. Anwälte in anderen Tätigkeitsbereichen haben über gestiegene Streitwerte, die Grundlage für die Gebührenhöhe sind, Einkommenszuwächse erzielen können. Die anwaltliche Vertretung in Bußgeldverfahren bei Bagatellordnungswidrigkeiten (Bußgeld unter 40 €) wird preiswerter, weil der Umfang der anwaltlichen Tätigkeiten in solchen Verfahren in der Regel geringer einzustufen ist.
Gerichtskosten
Das Gerichtskostengesetz regelt die Gebühren, die bei einem Rechtsstreit an das Gericht zu zahlen sind. Die Novelle vereinfacht auch hier das Verfahren. Bislang geltende Regelungen im Arbeitsgerichtsgesetz für arbeitsgerichtliche Verfahren sind nun in das Gerichtskostengesetz eingefügt. Damit gilt für alle gerichtlichen Verfahren eine einheitliche Gebührenstruktur. Zudem entsteht für das gesamte Verfahren nur noch eine einzige, in ihrer Höhe vom Streitwert abhängige Gebühr. Einvernehmliche Streiterledigungen werden durch eine Reduzierung der Gebühr begünstigt. Das bisherige Nebeneinander verschiedener Gebühren entfällt.
Vergütung für Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer
Das nicht mehr zeitgemäße Entschädigungsprinzip wird abgeschafft. Statt dessen wird die gerichtliche Tätigkeit von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern künftig auf der Basis eines leistungsgerechten Vergütungsmodells honoriert werden, das sich am Leitbild des selbstständig und hauptberuflich Tätigen orientiert. Leistungen werden klar definierten Honorargruppen mit festen Stundensätzen zugeordnet, deren Höhe sich deutlich stärker an den auf dem freien Markt üblichen Entgelten orientiert. Streitigkeiten über die konkrete Höhe des Stundensatzes innerhalb des bisher geltenden weiten Rahmens werden damit künftig vermieden.
Entschädigung für ehrenamtliche Richter und Schöffen
Die Bundesregierung fördert ehrenamtliches, zivilgesellschaftliches Engagement auf vielfältige Weise. Diesem Leitgedanken entsprechend wurde die Entschädigung für Schöffen und sonstige ehrenamtliche Richter deutlich verbessert. Die Höchstgrenzen der Verdienstausfallentschädigung werden von bisher 16, 31 und 41 Euro auf 20, 39 und 51 Euro und die Fahrtkostenpauschale von 0,27 Euro/pro Kilometer auf 0,30 Euro/pro Kilometer erhöht.
Zeugen
Auch die Entschädigung der Zeugen wird angepasst, um die mit der Heranziehung durch die Gerichte und Staatsanwaltschaften verbundenen Nachteile besser auszugleichen. So wird die Nachteilsentschädigung bei der Haushaltsführung von 10 Euro auf 12 Euro je Stunde und der Stundenhöchstsatz der Verdienstausfallentschädigung von 13 Euro auf 17 Euro erhöht.
(Quelle: Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bundesministeriums der Justiz Berlin, 28. Juni 2004)



Jürgen Zwilling
- Versicherungsmakler-
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