Ein beim Tanken entstehender Schaden gilt nur dann als „beim Betrieb“ entstanden, wenn sich eine vom Fahrzeug ausgehende Gefahr tatsächlich verwirklicht hat. Das Oberlandesgericht Dresden verneinte deshalb die Einstandspflicht eines Kfz-Haftpflichtversicherers in einem Fall, in dem sich der Tankkanister selbst entzündete.
Ein Mann wollte in einer Tiefgarage sein Auto mit einem Benzinkanister aus Plastik betanken. Nachdem er Tankdeckel und Kanister geöffnet hatte, um den Kraftstoff einzufüllen, entzündete sich das Benzin im Kanister durch statische Aufladung. Eine Stichflamme war die Folge – sie setzte den Kanister in Brand.
Da der Mann noch nicht damit begonnen hatte, das Benzin in das Auto einzufüllen, blieb das Auto unbeschädigt und er selbst unverletzt. Ihm gelang es noch, den brennenden Kanister in hinreichender Entfernung zum Auto abzustellen. Der entstehende Ruß verschmutzte die Garage jedoch erheblich – die Reinigung kostete fast 82.900 Euro.
Wohngebäudeversicherer nimmt Kfz-Versicherer des Mannes in Regress
Der Gebäudeversicherer des Garagenbetreibers erstattete zunächst den Schaden. Anschließend aber wollte er den Kfz-Haftpflichtversicherer des Mannes in Regress nehmen. Er berief sich dabei auf §?7 Absatz?1 StVG, nach dem ein Fahrer für Schäden haftet, die durch den Betrieb seines Fahrzeugs entstehen.
Dabei hatte sich der Versicherer darauf berufen, der Brand sei deshalb beim Betrieb des Fahrzeuges entstanden, weil das Feuer in unmittelbarem Zusammenhang mit dem geplanten Betankungsvorgang gestanden habe.
Doch der Kfz-Versicherer wollte die Reinigungskosten nicht erstatten. Er argumentierte, der Brand sei noch vor dem Betanken durch eine statische Aufladung des vom Fahrzeug unabhängigen Kanisters entstanden. Ein hinreichender Zusammenhang mit dem Betrieb des zu betankenden Fahrzeugs sei deshalb zu verneinen.
Schaden entstand nicht beim Betrieb des Fahrzeuges
Nachdem die Sache vor Gericht landete, entschied das Landgericht Leipzig zunächst im Sinne des Gebäudeversicherers. Doch das Oberlandesgericht Dresden korrigierte die Vorinstanz und entschied mit einem Urteil vom 1. Oktober 2024 (4 U 446/24), dass sich in diesem Fall keine typische Betriebsgefahr des Fahrzeugs realisiert habe.
Das Gericht betonte, dass die Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeugs unabhängig vom Verschulden greife und auch nicht davon abhänge, ob sich der Fahrzeugführer rechtswidrig verhalten habe. Es handle sich um eine „reine Gefährdungshaftung“.
Die Haftung nach § 7 Absatz 1 StVG sei der Preis dafür, „dass durch die Verwendung eines Kfz erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle (…) durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen“, so heißt es im Urteilstext.
Sie sei daher nicht auf Unfälle im Straßenverkehr oder privaten Verkehrsraum beschränkt, sondern umfasse auch Betriebsvorgänge und -einrichtungen, sofern ein örtlicher und zeitlicher Kausalzusammenhang mit dem Betrieb des Kraftfahrzeugs gegeben sei.
Ein Schaden sei demgemäß bereits dann bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs entstanden, „wenn sich in ihm die vom Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben“, erklärt das Gericht – das heißt, wenn das Schadensgeschehen bei der „gebotenen wertenden Betrachtung“ durch das Kfz mitgeprägt wurde. Ob dies der Fall ist, sei im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände zu entscheiden.
Warum das Gericht die Betriebshaftung verneint
Die Anwendung dieser Grundsätze führte im konkreten Fall dazu, dass die Richter den Schaden nicht dem Betrieb des Fahrzeugs zurechneten.
Zwar sei das Tanken ein Betriebsvorgang und der Tank ein Betriebsteil, die grundsätzlich geeignet seien, das Merkmal „beim Betrieb“ zu erfüllen, wie die Richter mit Bezug auf ein BGH-Urteil vom 21. Januar 2014 (VI ZR 253/13) betonten.
Im vorliegenden Fall sei mit der Betankung des Autos aber noch nicht begonnen worden, so dass sich eine spezifische Gefahr des Fahrzeugs – insbesondere des Tanks – nicht habe verwirklichen können.
Unstreitig sei vielmehr, dass das Fahrzeug am Brand nicht beteiligt war und hierfür auch nicht ursächlich gewesen sei. Der Kanister habe sich durch statische Aufladung selbst entzündet. Dies sei auch plausibel, da das Fahrzeug durch den Brand unbeschädigt geblieben sei. Eine Haftung aus dem Betrieb des Fahrzeuges komme folglich nicht in Betracht. Die Klage des Gebäudeversicherers wurde abgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig.
(Quelle VersicherungsJournal 05.09.2025)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
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