28.07.2025
Wenn Kfz-Versicherte nach Wildunfall in der Beweislast sind

Nach einem angeblichen Zusammenstoß mit einem Reh verlangte ein Autofahrer knapp 5.000 Euro von seinem Kfz-Versicherer. Doch mit seiner Klage vor Gericht scheiterte er, weil der von ihm geschilderte Unfallhergang nicht zu allen in Rechnung gestellten Schäden an seinem Fahrzeug passte.
Das Amtsgericht (AG) Rheine hat mit seinem Urteil vom 22. Juni 2023 (14 C 134/22) die Klage eines Kunden einer Kfz-Teilkaskoversicherung abgewiesen. Denn der Kläger konnte nicht glaubhaft machen, dass der von ihm geschilderte Wildunfall in Bulgarien so stattgefunden haben kann.
Der BMW-Fahrer behauptete, dass plötzlich zwei Rehe aus einem Waldstück gesprungen und über die Straße gelaufen seien. Dabei habe er eines der Tiere mit seinem Fahrzeug erfasst. Durch diese Kollision sei das Auto sowohl vorne als auch an einer Fahrzeugseite erheblich beschädigt worden.
Gutachten eines Sachverständigen sollte Wildunfall aufklären
Der gesamte Sachschaden belief sich laut Kostenvoranschlag einer beauftragten Werkstatt auf 5.125,31 Euro. Abzüglich der vertraglich vereinbarten Selbstbeteiligung von 150 Euro ergab sich eine Forderung von 4.975,31 Euro, die der Versicherte plus fünf Prozent Zinsen einforderte.
Die Versicherungsgesellschaft bestreitet zwar nicht, dass es einen Wildunfall gegeben haben könnte, doch nicht alle geltend gemachten Schäden passen zu dem gemeldeten Unfallhergang. Denn sie lassen sich teilweise nur schwer durch den Zusammenstoß mit einem Reh erklären.
Das Gericht holte daher ein Gutachten eines Sachverständigen ein. Der stützte die Argumentation der Beklagten. Demnach hat der Experte festgestellt, dass an dem Fahrzeug zwei unterschiedliche Schäden vorliegen, die nicht in einem Zusammenhang stehen.
Lackkratzer typisch für Vandalismus
Allenfalls könnten die Beulen unterhalb des Türgriffs an der Fahrertür durch den Aufprall eines Tierkörpers entstanden sein. Aber insbesondere bei einem wellenförmigen und etwa 2,50 Meter langen Kratzer im Lack von der Fahrertür bis zur hinteren Seitenwand bestünden erhebliche Zweifel.
Bei dem geschilderten Rehunfall hätte der Lack laut dem Gutachter schräg nach oben verlaufend beschädigt werden müssen. Die durchgehenden Kratzer sind typisch für Vandalismus. Solche Schäden durch mut- und böswillige Handlungen Dritter sind aber nicht von der Teilkasko abgedeckt.
Laut dem Gericht handelt es sich hierbei also um einen Vorschaden, für den der Versicherer nicht aufkommen müsse. Bereits aufgrund dieses Vorschadens sei es erforderlich gewesen, die Fahrertür zu reparieren und zu lackieren. Daher sei der Schaden beim Unfall auch nicht erweitert worden.
Gericht beruft sich auf Vorschaden
Der Geschädigte hat lediglich einen Anspruch auf den Ersatz derjenigen Kosten zur Wiederherstellung des vorherigen Zustands, die durch den Wildunfall entstanden sind. Das Gericht verweist hierzu auf ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf vom 7. März 2017 (1 U 31/16).
Bei einem noch nicht reparierten Vorschaden muss der Geschädigte zudem nachweisen, inwiefern der Schaden durch das neue Ereignis vergrößert worden ist (§ 287 ZPO). Das habe der Kläger in dem vorliegenden Fall allerdings nicht dargestellt.
Stattdessen erklärte der Versicherungsnehmer, sein BMW habe keine Vorschäden aufgewiesen. Diese Behauptung habe sich jedoch nach der Beweisaufnahme des Gerichts als eindeutig falsch erwiesen. Denn laut dem Sachverständigen kann der Lackkratzer nicht durch den Wildunfall entstanden sein.
Verstoß gegen Treu und Glauben kostet den Schutz der Teilkaskoversicherung
Der auffällige Lackschaden muss dem Kläger auch bekannt gewesen sein; somit habe der BMW-Halter ihn bewusst verschwiegen. Dieses Verhalten wertet das Gericht als Verstoß gegen Treu und Glauben.
In der Folge verliert der Geschädigte seine Ansprüche gegen den Versicherer vollständig. Das Gericht verweist in seiner Begründung hierzu auf ein Urteil des Landgerichts (LG) Münster vom 23. April 2014 (2 O 462/11).
(Quelle VersicherungsJournal 04.03.2025)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler*in – Künstler*in
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