05.05.2025
Versicherungsnehmer muss beweisen, dass Versicherungsvertrag bestand

Der Versicherungsnehmer müsse beweisen, dass die für den Versicherungsfall maßgeblichen Tatsachen in die Versicherungszeit fallen – und folglich auch, dass überhaupt ein Versicherungsvertrag bestand. Die Nichtbeendigung des Versicherungsvertrags sei hingegen eine „negative Tatsache“, für die der Versicherer „sekundär darlegungsbelastet“ sei. Dies stellte das OLG Bremen fest.
2013 und 2014 installierte eine im Sanitärbereich tätige GmbH in einem Gebäude Duschrinnen in 118 Appartements. Allerdings erfolgte die Installation mangelhaft. Dadurch sei es entweder zur Nichtnutzung der Duschen oder zu Durchfeuchtungen gekommen.
Hat das Versicherungsvertragsverhältnis noch bestanden?
Die GmbH hatte mit dem Beklagten 2001 einen Vertrag über eine Betriebshaftpflichtversicherung geschlossen. Der Kläger – der Insolvenzverwalter der GmbH – wollte vor Gericht die Feststellung erwirken, dass der Beklagte bestimmte Kosten decken muss.
Er gab an, zum Zeitpunkt der Arbeiten habe das Versicherungsvertragsverhältnis mit dem Beklagten noch bestanden. Der Beklagte behauptete hingegen, zu diesem Zeitpunkt habe kein Vertragsverhältnis mit ihm mehr bestanden, sondern mit der „# Versicherung AG“.
Das Landgericht Bremen urteilte, der Beklagte müsse Deckung hinsichtlich der Kosten gewähren, die erforderlich sind, um die mangelhafte Werkleistung zwecks Schadensbeseitigung zugänglich zu machen und den vorherigen Zustand wiederherzustellen.
Auszug aus den Versicherungsbedingungen
16. Erfüllungsnebenschäden
Wir versichern Sachschäden, die als Folge eines mangelhaften Werkes auftreten, und erfassen insoweit auch die Kosten, die erforderlich sind, um die mangelhafte Werkleistung zum Zwecke der Schadensbeseitigung zugänglich zu machen und um den vorherigen Zustand wiederherzustellen.
Nicht gedeckt sind diese Kosten, wenn sie nur zur Nachbesserung aufgewendet werden, ohne dass ein Folgeschaden eingetreten ist. Ferner sind in jedem Fall nicht gedeckt die Kosten, die Ihnen für die Beseitigung des Mangels an der Werkleistung selbst entstehen.
Quelle: IBR-online.de, Urteil 3 U 13/24
Kläger beharrt darauf, dass Vertragsverhältnis aufrecht war
Das Oberlandesgericht (OLG) Bremen befand in seinem Urteil (3 U 13/24) vom 14. Februar 2025 jedoch ebenso wie das Landgericht, dass zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls ein aufrechtes Vertragsverhältnis zwischen den Parteien bestanden habe.
Den Versicherungsnehmer treffe zwar die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die für den Versicherungsfall maßgeblichen Tatsachen in die Versicherungszeit fallen. Daraus folge auch, dass er beweisen muss, dass zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls überhaupt ein Versicherungsvertrag bestand.
Zwischen den Parteien sei aber unstreitig, dass sie 2001 einen unbefristeten Vertrag geschlossen hatten. Dass es bis zum Versicherungsfall keine Beendigung gegeben hat, sei eine sogenannte „negative Tatsache“.
„Sekundäre Darlegungslast“ aufseiten des Versicherers
Für diese treffe den Prozessgegner der für eine negative Tatsache beweisbelasteten Partei eine sogenannte sekundäre Darlegungslast. Das heißt: Es wäre zunächst Sache des Beklagten gewesen, die Tatsachen vorzutragen, aus denen sich eine Beendigung des Vertrages ergeben soll.
Wie der Wechsel wirksam erfolgt sein soll, habe der Beklagte aber nicht dargelegt. Erstmals habe er im Berufungsverfahren geltend gemacht, dass die Übertragung auf die „# Versicherung AG“ im Rahmen einer Bestandsübertragung geschehen sein soll.
Diese Behauptung, die, so das OLG, „jeglichen Vortrag zu den der Bestandsübertragung zugrundeliegenden Tatsachen vermissen lässt und deswegen keine Subsumtion unter die einschlägigen Normen erlaubt“, werde aber vom Kläger bestritten und sei „angesichts der landgerichtlichen Hinweise zu auch insoweit fehlendem Vortrag präkludiert und unberücksichtigt zu lassen“.
OLG sieht Folgeschadennachweis nur für drei Appartements erbracht
Das OLG stimmte auch mit dem Urteil des Landgerichts überein, dass der Beklagte bedingungsgemäß Deckung für die Kosten der Zugänglichmachung des mangelhaften Werkes – hier der Duschrinnen – und der späteren Wiederherstellung gewähren muss, wenn und soweit ein Folgeschaden eingetreten ist.
Allerdings sei ein Folgeschaden in Form von Feuchtigkeitsaustritten „entgegen der Ansicht des Landgerichts“ nur für drei der 118 Appartements feststellbar. Der Kläger habe lediglich vorgetragen, dass die – unstreitige – fehlerhafte Verlegung aller Duschrinnen „zur Nichtnutzung der Duschen beziehungsweise eben zu den Durchfeuchtungsschäden“ geführt habe.
Ein Sachverständiger, so der Kläger, habe ausgeführt, dass es zum Durchtritt von Wasser an der Decke des Zimmers der jeweils darunterliegenden Etage gekommen sei und dass es an der Mangelhaftigkeit und den immanenten Sachschäden nichts ändere, dass sich der angelegte Mangel noch nicht durch die Benutzung der Dusche verwirklicht habe.
Folgeschaden in Form eines nur „angelegten“ Schadens scheidet aus
Für das OLG ergab sich aus der Darstellung, „dass der Kläger die Duschen in einem nicht näher bezeichneten Umfang als unbenutzt vorträgt“ und es insoweit keine Durchfeuchtungen gegeben habe, die Schäden aber insoweit immanent seien.
Feuchtigkeitsschäden über die drei Appartements hinaus habe der Kläger jedenfalls nicht bewiesen. Ein Folgeschaden in Form eines nur „angelegten“ Schadens für den Fall der Benutzung der Duschen, ohne dass es bereits zu dem Schaden gekommen wäre, „scheidet aus“, hielt das OLG fest.
„Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte auch dann leistungsfrei wäre, wenn die Gemeinschuldnerin in Kenntnis der Mängel nachfolgend die Duschen zur Herbeiführung des Folgeschadens aufgedreht hätte, § 81 Abs. 1 VVG.“
Auch „Nichtnutzungsschaden“ wäre kein gedeckter Schaden
Ein zur Deckung führender Folgeschaden sei auch nicht in einem Schaden zu erblicken, der durch Nichtnutzung der Duschen beziehungsweise der Appartements entstanden wäre, etwa in Form des Mietausfallschadens.
„Denn versichert sind die Kosten, die erforderlich sind, um die mangelhafte Werkleistung zum Zwecke der Schadensbeseitigung zugänglich zu machen.“ Der Mietausfallschaden werde durch die Zugänglichmachung der mangelhaften Werkleistung aber nicht beseitigt.
Wer was darlegen und beweisen muss
Fazit: Der Versicherungsnehmer müsse darlegen und beweisen, dass die für den Versicherungsfall maßgeblichen Tatsachen in die Versicherungszeit fallen – und folglich müsse er auch beweisen, dass überhaupt ein Versicherungsvertrag bestand.
Die Nichtbeendigung des Versicherungsvertrags sei hingegen eine „negative Tatsache“, für die der Versicherer „sekundär darlegungsbelastet“ ist.
Die Darlegungs- und Beweislast für einen etwaigen Folgeschaden trage der Kläger, so das OLG weiter. „Es handelt sich bei der Klausel nicht um einen Risikoausschluss, sondern noch um einen Teil der primären Risikobeschreibung, weil sie insgesamt einen Teil des eigentlich ausgeschlossenen Erfüllungsschadens doch in den Versicherungsschutz einbezieht.“
(Quelle VersicherungsJournal (26.02.2025)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler*in – Künstler*in
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de