04.03.2024
Wenn eine Regenrinne einen Unfall verursacht

Ein Passant war auf einer Eisfläche gestürzt, die von einer der Dachentwässerung dienenden Regenrinne stammt. Wenn die Bildung des Wassers nicht auf dem Einsetzen von Tauwetter, sondern auf der individuellen Heizsituation des Hauses beruht, liegt eine außergewöhnliche, nicht voraussehbare Gefahr vor. Das hat das Landgericht Dessau-Roßlau mit Urteil vom 11. August 2023 (4 O 477/22) entschieden.
Ein Mann hatte sich auf einem Gehweg bei einem Sturz in der Dunkelheit eine schwere Fußverletzung zugezogen. Die hatte zu einer mehr als zweimonatigen Dienstunfähigkeit geführt.
Auslöser des Unglücks war eine Eisfläche, welche sich auf dem Weg befunden hatte. Die hatte sich gebildet, weil Wasser aus einer der Dachentwässerung dienenden Regenrinne über den Bürgersteig gelaufen war.
Berufsgenossenschaft verlangt 17.000 Euro vom Hausbesitzer
Für die Verletzungsfolgen hatte ein gesetzlicher Unfallversicherers knapp 17.000 Euro aufgewendet. Diese Aufwendungen klagte er bei dem für den Gehweg zuständigen Hausbesitzer ein, weil der seine Verkehrssicherungs-Pflicht verletzt habe.
Denn der Sturz habe sich nur deswegen ereignen können, weil die Eisfläche nicht durch den von ihm mit dem Winterdienst Beauftragten beseitigt worden sei. Er sei ihm daher zum Ersatz seiner Aufwendungen verpflichtet.
Kein Schmelzwasser
Der Beauftragte konnte jedoch nachweisen, dass er den Gehweg auch am Tag des Unfalls der Satzung der Gemeinde entsprechend mehrmals von Schnee und Eis befreit und auch mit Sand gestreut hatte. Dass es am Abend trotzdem zu der Eisbildung gekommen sei, könne er sich nicht erklären. Denn es sei sehr kalt gewesen. Um Tauwasser könne es sich folglich nicht gehandelt haben.
Dieser Sichtweise schloss sich das Landgericht Dessau-Roßlau nach der Beweisaufnahme an. Nach Auskunft des Deutschen Wetterdienstes hatte die Temperatur zu der fraglichen Zeit nämlich mindestens minus zehn Grad betragen. Durch Schmelzwasser konnte sich die Eisfläche daher unmöglich gebildet haben.
Für einzig denkbar hielt das Gericht, dass die Wasserbildung auf die Heizsituation des Hauses des Beklagten beruhte. Dabei habe es sich jedoch um eine außergewöhnliche Gefahrensituation gehandelt, die nicht vorauszusehen gewesen sei.
Hauseigentümer konnte zumutbare Maßnahmen nachweisen
Berücksichtigt werden müsse auch, dass eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, nicht erreichbar sei. Ein Verkehrssicherungs-Pflichtiger müsse daher nicht für alle denkbaren entfernten Möglichkeiten eines Schadeneintritts Vorsorge treffen.
Es genügten vielmehr Vorkehrungen, „die nach den konkreten Umständen vorausschauend zur Beseitigung der Gefahr erforderlich und zumutbar sind“, so das Gericht.
Diesen Anforderungen hätten der Beklagte und der von ihm mit dem Winterdienst Beauftragte genügt. Die Voraussetzungen für einen Schadenersatz-Anspruch seien daher nicht gegeben. Das Gericht wies die Klage daher als unbegründet ab.
(Quelle VersicherungsJournal 12.12.2023)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
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