16.05.2022
Kfz-Versicherer provoziert mit seinem Verhalten Klage

Ein Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer hatte einem Geschädigten erst knapp drei Wochen nach einem Verkehrsunfall mitgeteilt, dass er sich zu dem Fall noch nicht äußern könne, weil der Versicherungsnehmer den Schaden noch nicht gemeldet hatte. Laut Urteil des Amtsgerichts Nettetal lässt dies den Schluss zu, dass die Beauftragung eines Rechtsanwalts gerechtfertigt war (27. Januar 2022, 9 C 150/21).
Der Kläger wurde mit seinem Personenkraftwagen am 6. September 2021 unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt. Drei Tage später übersandte ein von ihm beauftragter Anwalt dem generischen Versicherer erste Unterlagen zur Bezifferung des Schadens. Er setzte dem Versicherer gleichzeitig eine Frist zur Schadenregulierung bis zum 23. September.
Nach der Reparatur des Autos seines Mandanten übersandte der Anwalt dem Versicherer am 24. September Unterlagen mit einer endgültigen Schadenaufstellung. Zur Regulierung setzte er nunmehr eine Frist bis zum 6. Oktober.
Als Reaktion begnügte sich der Versicherer einen Tag später mit der lapidaren Auskunft, dass ihm der Schaden von seinem Versicherungsnehmer noch nicht gemeldet worden sei.
Beauftragung des Rechtsanwalts unnötig?
Der Anwalt reichte daraufhin am 21. Oktober im Namen seines Mandanten Klage ein. Kurz darauf überwies der Versicherer das Geld. Den geforderten Betrag kürzte er allerdings um die Kosten einer seines Erachtens nicht notwendigen Desinfektion des Fahrzeugs.
Mietwagenkosten wollte die Assekuranz außerdem nur für die Dauer eines Tages und nicht wie gefordert für zwei Tage übernehmen. Denn ihrer Ansicht nach hätte die Reparatur nach einem Tag abgeschlossen werden können.
Der Versicherer bestritt außerdem, dass die Beauftragung des Rechtsanwalts nötig gewesen war. Er wollte dessen Kosten daher ebenfalls nicht übernehmen.
Zu Unrecht, urteilte das Amtsgericht Nettetal. Es gab der Klage des Geschädigten weitgehend statt.
Notwendige Klageerhebung
Nach Überzeugung des Gerichts war nicht ersichtlich, wieso die Reparaturarbeiten in einem Tag hätten durchgeführt werden können. Angesichts der in der Rechnung angegebenen Reparaturdauer hätte der Kläger sogar für drei Tage einen Mietwagen beanspruchen können.
Dass in Zeiten der Covid-19-Pandemie Desinfektionskosten anfallen, hielt das Gericht ebenfalls für selbstverständlich. Denn immerhin gehöre der Innenraum eines Fahrzeugs zur Privatsphäre des Fahrers. Er könne daher verlangen, dass ihm sein Auto desinfiziert übergeben werde.
Der Kläger habe im Übrigen auch einen Anspruch auf Erstattung der ihm von seinem Anwalt in Rechnung gestellten Kosten. Denn das Verhalten des Versicherers habe darauf schließen lassen, dass er ohne Klageerhebung nicht ans Ziel gelangt wäre.
(Quelle VersicherungsJournal 01.03.2022)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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