21.02.2022
Geldbuße für alkoholisierte, aber schiebende Radler?

Es liegt kein Führen eines Fahrrads im Straßenverkehr im Sinne des Strafgesetzbuchs vor, wenn es lediglich geschoben wird. Das hat das Landgericht Freiburg mit Urteil vom 26. Oktober 2021 entschieden (11/21 10 Ns 530 Js 30832/20).
Der Entscheidung lag der Fall eines Mannes zugrunde, der anlässlich einer privaten Feier im Vereinshaus eines Sportvereins zu tief ins Glas geschaut hatte.
Als er die Feier in den frühen Morgenstunden des 9. August 2020 verließ, um mit seinem Fahrrad nach Hause zu fahren, fiel er alkoholbedingt zu Boden. Er entschloss sich daher dazu, das Rad die etwa drei Kilometer bis zu seiner Wohnung zu schieben.
Fahrlässige Trunkenheit?
Angesichts seiner Gleichgewichtsstörungen gelang ihm jedoch auch das nur mit größten Schwierigkeiten. Er geriet schließlich vom Weg ab und fiel mit seinem Fahrrad in eine Böschung. Wenige Meter weiter legte er sich zum Schlafen auf eine zum Glück wenig befahrene Straße.
Dort wurde er gegen 6.30 Uhr bewusstlos von einem zufällig auf privatem Weg befindlichen Polizeibeamten aufgefunden. Der verständigte den Rettungsdienst und seine Kollegen. Eine Blutprobe ergab eine Blutalkohol-Konzentration von 2,3 Promille.
Als der Mann nach dem Aufwachen von einem Polizisten danach befragt wurde, was geschehen sei, antwortete er, dass er vom Fahrrad gefallen sei. Das veranlasste das Amtsgericht Emmendingen dazu, ihn wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr im Sinne von § 316 StGB zur Zahlung einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen á 35 Euro zu verurteilen.
Vergleich mit Fußgängern
Zu Unrecht, urteilte das in Berufung mit dem Fall befasste Landgericht Freiburg im Breisgau.
Die Richter zeigten sich nach der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Beschuldigte sein Fahrrad tatsächlich die ganze Zeit über geschoben hatte. Denn zu allem anderen sei er angesichts seiner starken Alkoholisierung nicht mehr in der Lage gewesen. Damit habe er sein Fahrrad nicht im Sinne des Strafgesetzbuchs geführt.
„Zwar bedient der Schiebende sich dafür in aller Regel des Lenkers, so dass das Zweirad unter eigenverantwortlicher Handhabung einer seiner wesentlichen technischen Vorrichtungen durch den öffentlichen Verkehrsraum geleitet wird. Dennoch geht die herrschende Meinung, der sich die Strafkammer anschließt, davon aus, dass das Schieben eines Fahrrads nicht als Führen im Sinne des § 316 StGB angesehen werden kann“, so das Gericht.
Nach Ansicht des Landgerichts erscheint ein Vergleich mit dem Fußgängerverkehr sachgerecht. Sich betrunken zu Fuß im öffentlichen Verkehrsraum zu bewegen, sei jedoch auch nicht strafbar. Der Angeklagte sei daher aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen freizusprechen.
(Quelle VersicherungsJournal 16.12.2021)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
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