Werden Fahrzeugschlüssel nicht so aufbewahrt, dass sie vor dem unbefugten Zugriff Dritter geschützt sind, kann hierin ein grob fahrlässiges Verhalten liegen, das zur Leistungsfreiheit eines Kaskoversicherers führt. Das hat das Oberlandesgericht Dresden mit Beschluss vom 5. Juli 2021 entschieden (4 U 428/21).
Der Entscheidung lag der Fall einer Spedition zugrunde, die den Diebstahl einer ihrer Lastkraftwagen zu beklagen hatte.
Die Fahrer waren angewiesen worden, die Fahrzeugschlüssel in Briefkästen einzuwerfen, die sich im Eingangsbereich der Spedition befanden. Die Kästen waren den jeweiligen Fahrzeugen zugeordnet. Für den Fall eines Fahrerwechsels musste der Schlüssel auf einen Haken, der an den Briefkästen angebracht war, gehängt werden.
Kaskoversicherer beruft sich auf Leistungsfreiheit
Dieses Verfahren hielt der Kaskoversicherer der Spedition für grob fahrlässig. Denn die Briefkästen waren hinter einer Glastür angebracht, hinter der sie für jedermann sichtbar waren. Er lehnte es daher ab, für den Diebstahl des Lastkraftwagens aufzukommen.
Zu Unrecht, meinten die Richter des Dresdener Oberlandesgerichts. Sie hielten die Klage der Spedition gegen ihren Versicherer für gerechtfertigt.
Keine Verletzung der Sorgfaltspflichten
Nach Ansicht des Gerichts kann der Klägerin keine Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten vorgehalten werden. Die Glastür habe zwar einen Blick in das Innere des Eingangsbereichs ermöglicht, so dass auch für dritte Personen ohne Weiteres erkennbar gewesen sei, wo die Schlüssel verwahrt werden.
Die Anmeldung der Fahrer habe sich aber auf dem umfriedeten Betriebsgelände der Klägerin befunden. Dass Passanten zufällig vorbeikommen, war sehr unwahrscheinlich. Im Übrigen habe die Glastür für einen potenziellen Dieb die Gefahr, entdeckt zu werden, mit sich gebracht.
Unabhängig davon habe die Tür nur mit Hilfe eines Zahlencodes, eines Transponders oder mit einem Schlüssel geöffnet werden können. Damit sei sie ausreichend vor dem unbefugten Eindringen Dritter gesichert gewesen.
Praktisches Bedürfnis für Verfahrensweise
Es stelle auch keinen Sorgfaltsverstoß dar, dass an den Briefkästen, die den Fahrzeugen zugeordnet waren und für die der jeweilige Fahrer einen Schlüssel besaß, noch ein Haken angebracht war, an den der Fahrzeugschlüssel angehängt werden konnte.
Für diese Verfahrensweise habe nämlich ein praktisches Bedürfnis bestanden. Denn hätte der jeweilige Fahrer den Fahrzeugschlüssel stets in den Briefkasten geworfen, hätte der nächste Fahrer, der den Briefkasten nicht öffnen konnte, keinen Zugriff auf den Schlüssel gehabt.
(Quelle VersicherungsJournal 01.11.2021)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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