25.10.2021
Wer für unnötig teure Gerichtskosten aufkommen muss

Ein Rechtsanwalt ist dazu verpflichtet, seinen Mandanten die günstigste Beendigungsmöglichkeit eines Prozesses aufzuzeigen, wenn dieser unanfechtbar verloren zu gehen droht. Das hat das Amtsgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 22. Juli 2021 entschieden (32 C 807/21).
Der Entscheidung lag eine Regressforderung eines Rechtsschutz-Versicherers gegen einen Rechtsanwalt zugrunde. Der Versicherer hatte einem versicherten Mandanten des Anwalts Kostendeckung für ein Berufungsverfahren erteilt, in welchem der Mandant Kläger war.
Unzureichende Aufklärung?
Im Laufe des Verfahrens hatte das Berufungsgericht im Rahmen eines sogenannten Hinweisbeschlusses jedoch mitgteilt, dass es beabsichtige, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Gleichzeitig stellte es dem Kläger anheim, das Rechtsmittel zwecks Kostenersparnis innerhalb einer in dem Beschluss genannten Frist zurückzunehmen. Denn so könne die Hälfte der Gerichtskosten gespart werden.
Nachdem eine Reaktion ausblieb, wiesen die Richter die Berufung wie angekündigt zurück und berechneten die volle Gebühr. Diese wurde von dem Rechtsschutzversicherer für den Mandanten verauslagt.
Danach nahm dieser den Rechtsanwalt in Höhe der unnötig entstandenen Gerichtskosten in Regress. Der Versicherer argumentierte, dass der Jurist seinen Mandanten offenkundig nicht ausreichend über den Inhalt und die Folgen des Hinweisbeschlusses einschließlich der wirtschaftlichen Folgen aufgeklärt habe.
Entscheidung aufgrund der Deckungszusage
Der Anwalt war sich jedoch keiner Schuld bewusst. Er behauptete, seinen Mandanten sehr wohl ausreichend aufgeklärt zu haben. Dieser habe jedoch angesichts der Deckungszusage des Rechtsschutz-Versicherers auf eine Entscheidung des Gerichts bestanden. Der Fall landete schließlich vor dem Frankfurter Amtsgericht. Dort erlitt der Versicherer eine Niederlage.
Zwar könne eine nicht ausreichende Aufklärung über eine kostenmindernde Möglichkeit bei einer Rechtsmittelrücknahme eine haftungsrelevante Pflichtverletzung eines Rechtsanwalts begründen. Denn drohe ein Rechtsstreit unanfechtbar verloren zu gehen, sei ein Jurist dazu verpflichtet, seinem Mandanten die günstigste prozessuale Beendigungsmöglichkeit aufzuzeigen.
Eine solche Verpflichtung treffe einen Anwalt jedoch nur im Verhältnis zu seinem Mandanten, „ohne eine Drittschutzwirkung gegenüber einem Rechtsschutzversicherer zu entfalten“.
Fehlender Beweis
Im Übrigen sei es Sache des Versicherers gewesen, ein Beratungsverschulden des Juristen zu beweisen. Das sei ihm nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme jedoch nicht gelungen.
Das Gericht zeigte sich vielmehr davon überzeugt, dass der Versicherte wegen des bestehenden Versicherungsschutzes explizit eine Entscheidung des Berufungsgerichts gewollt hatte.
„Ein derartiges Verhalten ist indes nicht ungewöhnlich, mag es im Einzelfall durch sachliche Gründe gerechtfertigt (so etwa präjudizielle Wirkung der Entscheidung für weitere Geschäftsvorgänge) oder einfach dem Umstand geschuldet sein, dass fremdes Geld – namentlich das des Rechtschutzversicherers – ohne Rücksicht auf Verluste ausgegeben wird“, heißt es dazu abschließend in der Urteilsbegründung.
(Quelle VersicherungsJournal 02.08.2021)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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