10.05.2021
Wenn der Vater seinem Kind Schadenersatz leisten soll

Kommt ein Kind durch den Hund seines Vaters zu Schaden, ist dessen Tierhalter-Haftpflichtversicherer in der Regel nicht zur Leistung verpflichtet. Dem Kind stehen in so einem Fall normalerweise auch keine Ansprüche gegenüber seinem Vater zu. Das geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15. Dezember 2020 hervor (VI ZR 224/20).
Geklagt hatte ein Mädchen, dessen Eltern getrennt leben. Das Sorgerecht für das Kind steht ihnen gemeinsam zu.
Zu einem Spaziergang mit seiner damals dreijährigen Tochter hatte ihr Vater seinen Hund mitgebracht. Als der unvermittelt die Laufrichtung wechselte, stolperte das Mädchen über die sich plötzlich straffende Leine. Dadurch stürzte sie und zog sich erhebliche Gesichtsverletzungen zu.
Die Sache mit der familienrechtlichen Verbundenheit
Wegen deren Folgen machte das Kind, vertreten durch seinen Vater, Ansprüche gegenüber dessen Tierhalter-Haftpflichtversicherer geltend. Der hielt die Forderungen für unbegründet. Der Fall landete daher vor Gericht. Dort wurde die Klage des Mädchens in allen Instanzen als unbegründet zurückgewiesen.
Die Richter stellten zwar nicht in Abrede, dass Eltern ihren Kindern gemäß § 1664 BGB unter bestimmten Voraussetzungen zum Schadenersatz verpflichtet sind. Bei der Ausübung der elterlichen Sorge ihrem Kind gegenüber hätten sie jedoch nur für die Sorgfalt einzustehen, welche sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen.
„Diese Privilegierung der Eltern beruht auf der familienrechtlichen Verbundenheit mit einem geschädigten Kind, welche der Ausübung der Personensorge ein besonderes Gepräge verleiht“, so der Bundesgerichtshof.
Realisierung der spezifischen Tiergefahr
In dem entschiedenen Fall sei ein Fehlverhalten des Vaters der Klägerin weder ersichtlich, noch werde ein derartiger Vorwurf erhoben. Der Sturz des Kindes beruhe vielmehr allein auf der Realisierung der spezifischen Tiergefahr, nämlich der unvorhersehbaren plötzlichen Änderung der Laufrichtung des Hundes.
Zwar würden Tierhalter gemäß § 833 BGB in der Regel verschuldensunabhängig für Schäden, die ihr Tier verursacht, haften. Ein sich daraus ergebender Anspruch des klagenden Mädchens gegenüber seinem Vater beziehungsweise dessen Haftpflichtversicherer sei jedoch wegen der Bestimmungen des § 1664 BGB ausgeschlossen.
Das Urteil wurde auf den Internetseiten des Bundesgerichtshofs veröffentlicht.
(Quelle VersicherungsJournal 11.02.2021)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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