19.04.2021
Fahrverhalten sticht die typische Tiergefahr

Wer mit seinem Fahrzeug einen Hund verletzt, weil er die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten hat, kann sich in der Regel nicht auf ein Mitverschulden des Hundehalters berufen. Das geht aus einem gestern veröffentlichten Urteil des Landgerichts München I vom 15. September 2020 hervor (20 O 5615/18).
Auf dem Privatgelände eines Gewerbeparks hatte ein Angestellter des Klägers dessen vier Monate alten Hund ausgeführt. Auf dem Gelände galt eine Geschwindigkeits-Begrenzung von zehn km/h.
Als der Mann mit dem angeleinten Tier die Straßenseite wechseln wollte, näherte sich mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit der Beklagte mit seinem Personenkraftwagen. Dem Angestellten gelang es zwar, den Hund im letzten Augenblick zurückzuziehen. Dennoch konnte er nicht verhindern, dass das Tier von dem Auto an der linken Vorderpfote verletzt wurde.
Verwirklichung der typischen Tiergefahr?
Der Hundehalter verlangte vom Autofahrer beziehungsweise von dessen Kfz-Haftpflichtversicherer, die ihm durch den Unfall entstandenen Kosten zu ersetzen. Der Beklagte jedoch wusch seine Hände in Unschuld.
Er behauptete, mit angemessener Geschwindigkeit gefahren zu sein, als ihm der seiner Wahrnehmung nach nicht angeleinte unerzogene junge Hund gegen sein Fahrzeug gesprungen sei. Bei dem Vorfall habe sich folglich eine typische Tiergefahr verwirklicht. Die Forderung des Hundehalters auf Schadenersatz sei daher unbegründet.
Schneller als erlaubt gefahren
Dem wollte sich das Münchener Landgericht nicht anschließen. Es gab der Klage des Hundehalters in vollem Umfang statt.
Bei seiner Vernehmung vor Gericht musste der Autofahrer einräumen, auf dem Gelände des Gewerbeparks schneller als erlaubt unterwegs gewesen zu sein. Das Gericht ging nach der Beweisaufnahme von einer Geschwindigkeit von mindestens 20 km/h aus.
Mitverschulden des Tierhalters ausgeschlossen
Die Behauptung des Fahrzeugführers, dass der Hund nicht angeleint gewesen sei, hielt das Gericht ebenfalls für widerlegt. Denn die Beweisaufnahme hatte ergeben, dass es dem Tier nach dem Zwischenfall gelungen war, sich von der Leine zu befreien. Es hatte sich anschließend vor Schmerzen heulend auf eine angrenzende Wiese gerettet.
Angesichts der Gesamtumstände schloss das Gericht ein Mitverschulden des Tierhalters beziehungsweise seines Angestellten aus. Bei dem Vorfall habe sich vielmehr die Betriebsgefahr des Fahrzeugs verwirklicht.
Hinzu komme das Verschulden des Fahrers wegen seiner überhöhten Geschwindigkeit. Er hafte daher allein für die Folgen des Unfalls. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig.
(Quelle VersicherungsJournal 27.01.2021)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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