09.11.2020
Nach Autounfall: Versicherer will Behindertenrabatt kassieren

Ist einem Fahrzeughalter beim Erwerb seines Autos ein Sonderrabatt eingeräumt worden, so muss er sich den Rabatt nach einem Unfall vom Versicherer des Unfallverursachers anrechnen lassen, wenn er ihn beim Kauf eines Ersatzfahrzeuges erneut erhält. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 14. Juli 2020 entschieden (VI ZR 268/19).
Der Entscheidung lag die Klage einer Schwerbehinderten zugrunde, der wegen ihrer Behinderung beim Kauf ihres Neuwagens vom Fahrzeughersteller ein Sonderrabatt eingeräumt worden war.
Die Freude an dem Auto währte jedoch nur kurz. Denn eine Woche nach der Zulassung wurde es bei einem Unfall so schwer beschädigt, dass sich die Frau erneut einen Neuwagen anschaffen musste.
Autokäuferin erhielt Sonderrabatt wegen Behinderung
Ebenso wie beim Erwerb des in den Unfall verwickelten Fahrzeugs wurde ihr dabei wegen ihres Handicaps ein Sonderrabatt in Höhe von 15 Prozent gewährt.
Grundlage für die Rabattgewährung waren die Geschäftsbedingungen des Herstellers. Die sahen nämlich vor, dass „Kunden mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent für höchstens zwei Fahrzeuge im laufenden Kalenderjahr, die nach der Lieferung mindestens sechs Monate lang gehalten werden müssen“, Anspruch auf einen Rabatt in der genannten Höhe hatten.
Nach Angaben des Unternehmens sollte das dazu beitragen, Schwerbehinderten den Alltag zu erleichtern.
Kfz-Haftpflichtversicherer zog Rabatt von der Entschädigung ab
Der Versicherer des Unfallverursachers erklärte sich zwar dazu bereit, den der Klägerin entstandenen Schaden in voller Höhe zu übernehmen. Von dem Fahrzeugschaden zog er jedoch den dem Unfallopfer eingeräumten Sonderrabatt ab.
Das wollte die Geschädigte nicht akzeptieren. Sie war der Meinung, dass der Nachlass weder dem Schädiger noch seinem Versicherer zugutekommen dürfe. Der Rabatt stehe wegen ihrer Behinderung allein ihr zu. Sie verklagte den Versicherer daher auf Zahlung des Differenzbetrages.
Ohne Erfolg. Sowohl das in erster Instanz mit dem Fall befasste Landgericht Limburg als auch das von der Autofahrerin in Berufung angerufene Frankfurter Oberlandesgericht hielten die Forderung für unbegründet. Auch mit ihrer beim Bundesgerichtshof (BGH) eingelegten Revision drang die Klägerin nicht durch.
Keine unfallbedingte Vermögenseinbuße
Nach Ansicht des BGH hat das Berufungsgericht einen weitergehenden Schadenersatzanspruch der Frau zu Recht verneint. Denn sie habe rein rechnerisch keine über die von dem beklagten Versicherer geleisteten Zahlungen hinausgehende unfallbedingte Vermögenseinbuße erlitten. Ihr stehe daher lediglich einen Anspruch auf Ersatz des rabattierten Neuwagenpreises zu.
Bei einer anderen Betrachtungsweise würde die Geschädigte an dem Schadenereignis verdienen. Das sei jedoch rechtlich nicht statthaft.
Selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellen würde, dass ihr der Nachlass aus sozialen Gesichtspunkten und denen der Fürsorge gewährt worden sei, so sei dieses ebenso wie die Gewährung eines Rabattes für Werksangehörige unabhängig von einem möglichen Schadenereignis geschehen.
Dem Rabatt komme folglich keine schadensrechtliche Ausgleichsfunktion zu. Der Schadensfall habe vielmehr lediglich einen Anlass dazu gegeben, der Klägerin für das Ersatzfahrzeug erneut den Nachlass zu gewähren.
(Quelle VersicherungsJournal 05.08.2020)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de