Eine Teilkaskoversicherung greift nicht nur dann, wenn eine Überschwemmung ein stehendes oder geparktes Fahrzeug trifft. Der Versicherungsschutz besteht auch, wenn ein Gefährt in einen überschwemmten Straßenbereich hineinfährt und dort durch stehendes Wasser beschädigt wird. Dies entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe in einem Beschluss vom 28. Oktober 2019 (9 U 4/18).
Der Ehemann der Klägerin war Anfang Juni 2016 bei Starkregen mit ihrem Pkw unterwegs, als er sich einer Wasseransammlung näherte. Er ging davon aus, diese wie eine normale Pfütze durchqueren zu können, und fuhr weiter. Später stellte sich jedoch heraus, dass der Wasserstand an der Stelle zu diesem Zeitpunkt eine Höhe von zehn bis 15 cm erreicht hatte.
Totalschaden nach Wasserschlag und Starkregen
Der Mann der Klägerin hatte offenkundig nicht mit den Tücken der Natur gerechnet. Denn beim Durchfahren des Wassers ging der Motor des Fahrzeugs infolge eines sogenannten „Wasserschlags“ aus. Das Auto blieb stehen und ließ sich nicht mehr starten.
Das hatte weitreichende Auswirkungen. Wegen des weiterhin anhaltenden Starkregens stieg das Wasser binnen kurzer Zeit auf eine Höhe von 90 cm. Durch die eindringende Flüssigkeit erlitt das Fahrzeug einen Totalschaden.
Kein Schutz durch die Teilkaskoversicherung trotz Überschwemmung?
Die Klägerin wollte daher ihren Teilkaskoversicherer in Anspruch nehmen. Denn schließlich seien Schäden durch das unmittelbare Einwirken einer Überschwemmung auf das Fahrzeug mitversichert.
Dem hielt der Versicherer entgegen, dass das Auto der Frau zwar durch eine Überschwemmung beschädigt worden sei. Der Schaden beruhe jedoch nicht auf einer „unmittelbaren Einwirkung“ im Sinne der Versicherungs-Bedingungen. Sie sei aber Voraussetzung für den Leistungsfall.
Von einer solchen könne nicht ausgegangen werden, wenn das Verhalten des Fahrzeugführers zum Schaden mit beigetragen habe. Für das Ereignis würde folglich kein Versicherungsschutz bestehen.
Fahrverhalten nicht durch die Naturgewalten veranlasst
Dieser Argumentation wollten sich weder das in erster Instanz mit dem Fall befasste Konstanzer Landgericht, noch das von dem Versicherer in Berufung angerufene Oberlandesgericht Karlsruhe anschließen. Die Richter beider Instanzen waren überzeugt, dass es der Teilkasko-Anbieter zu Unrecht abgelehnt hatte, den Schaden zu regulieren.
Aus Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers sei ein Schaden auch dann „unmittelbar“ durch eine Überschwemmung verursacht, wenn der Autofahrer, weil er die Wassertiefe falsch einschätzt, bei Starkregen in eine auf der Straße befindliche Pfütze hineinfährt.
Nach dem Wortlaut der Versicherungs-Bedingungen würde nur dann kein Versicherungsschutz bestehen, wenn das Fahrverhalten durch die Naturgewalten veranlasst worden wäre, beispielsweise durch ein Ausweichmanöver. Das sei jedoch nicht der Fall gewesen.
Bloßes Hineinfahren steht unmittelbarer Einwirkung nicht entgegen
„Unmittelbar verursacht im Sinne der Versicherungs-Bedingungen ist ein Schaden an einem Kraftfahrzeug mithin dann nicht, wenn der Fahrzeugführer auf eine Naturgewalt wie eine Überschwemmung durch Ausweichen, Abbremsen oder Gegenlenken reagiert, und erst dieses von der Naturgewalt verursachte Vermeidungsverhalten den Schaden verursacht.
Ein bloßes Weiterfahren, durch welches ein Fahrzeug in den überschwemmten Bereich einer Straße gerät, ist hingegen gerade nicht durch die Naturgewalt veranlasst. Das bloße Hineinfahren in den überschwemmten Bereich einer Straße steht daher der unmittelbaren Einwirkung nicht entgegen“, heißt es dazu in der Begründung des Beschlusses des Karlsruher Oberlandesgerichts.
Leistungsfrei nur bei Vorsatz
Für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer sei weder nach dem Wortlaut, noch nach Sinn und Zweck der Regelung erkennbar, dass der Versicherungsschutz durch die Teilkaskopolice nur eintreten soll, wenn die Überschwemmung ein stehendes Fahrzeug erfasst.
Stehe das normale Weiterbefahren einer Straße einem unmittelbaren Einwirken im Sinne der Bedingungen entgegen, würde sich der Versicherungsschutz bei einer Überschwemmung nur auf abgestellte Fahrzeuge beschränken. Das sei den Bedingungen aber nicht zu entnehmen.
Der Versicherer wäre nach Meinung beider Instanzen allenfalls dann von seiner Leistungsverpflichtung befreit gewesen, wenn der Ehemann der Klägerin den Schaden vorsätzlich verursacht hätte. Davon könne aber nicht ausgegangen werden.
(Quelle VersicherungsJournal 17.06.2020)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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