10.02.2020
Versorgungsabsicht oder wahre Liebe?

Ist bei der Heirat einer der Eheleute an Krebs erkrankt, kann dann nicht von einer Versorgungsehe ausgegangen werden, wenn es sich offenkundig nicht um eine lebensbedrohliche Erkrankung handelt. Das hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg mit einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 9. Oktober 2019 entschieden (L 2 R 3931/18).
Der Entscheidung lag die Klage einer im Jahr 1940 geborenen Witwe zugrunde, die ihren gleichaltrigen Mann im April 2015 geheiratet hatte. Das Paar hatte sich 1997 kennengelernt und war vier Jahre später zusammengezogen.
Sechs Jahre vor der Eheschließung war bei dem Mann ein Prostatakarzinom diagnostiziert worden. Das wurde zunächst erfolgreich behandelt. Dennoch starb der Mann im Januar 2016. In der Todesbescheinigung wurde neben einer Parkinsonkrankheit und einer Herzinsuffizienz unter anderem das Prostatakarzinom genannt.
Prostatakarzinom
Der Antrag der hinterbliebenen Gattin auf Zahlung einer Witwenrente wurde von dem Rentenversicherungs-Träger abgelehnt. Begründet wurde dies damit, dass bei Eheschluss von einer schweren lebensbedrohlichen Erkrankung ihres verstorbenen Mannes ausgegangen werden musste.
Da die Ehe nicht mindestens ein Jahr bestanden habe, handele es sich folglich um eine sogenannten Versorgungsehe im Sinne von § 46 Absatz 2a SGB VI. Diese begründe keinen Rentenanspruch.
Dem wollten sich die Richter des Landessozialgerichts Baden-Württemberg nicht anschließen. Sie gaben der Klage der Witwe auf Zahlung einer Rente statt.
Besondere Umstände
Nach Ansicht des Gerichts liegen besondere Umstände vor, die nicht den Schluss zuließen, dass eine Versorgungsabsicht der Beweggrund, die Ehe zu schließen, war. Eine gewichtige Bedeutung komme dabei dem Gesundheitszustand des Verstorbenen zum Zeitpunkt der Heirat zu. Den Arztberichten lasse sich nämlich nicht entnehmen, dass er seinerzeit an einer lebensbedrohlichen Erkrankung litt.
Zu dieser Zeit sei der Wert für das prostataspezifische Antigen (PSA-Wert) bis zur Nachweisgrenze gesunken. Es hätten stabile Verhältnisse ohne Anhalt für ein Fortschreiten der Krebserkrankung bestanden. Eine Behandlungs-Bedürftigkeit habe sich nicht ergeben.
Die Richter hielten daher die Behauptung der Witwe für glaubwürdig, dass der schon lange gehegte Wunsch zu heiraten das leitende Motiv für die Eheschließung war. Sie hat daher einen Anspruch auf Zahlung einer Witwenrente.
(Quelle VersicherungsJournal 24.10.2019)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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