Verunglückt ein Schüler während einer Klassenfahrt, während er sich rein persönlichen Belangen widmet, so steht er nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Das hat das Hessische Landessozialgericht mit einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 13. August 2019 entschieden (L 3 U 7/18).
Der Entscheidung lag der Fall einer Schülerin zugrunde, die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung in Anspruch nehmen wollte.
Krampfanfall
Die unter neurologischen Ausfallerscheinungen sowie einer Epilepsie leidende 17-Jährige hatte als Schülerin einer Förderschule in Begleitung einer Teilhabeassistentin an einer mehrtägigen Klassenfahrt teilgenommen.
Als sie zum Frühstück gehen wollte, krampfte sie. Sie wurde daraufhin von der Assistentin in ihr Zimmer geführt und auf ihr Bett gesetzt. Von dem fiel sie trotz der Anwesenheit ihrer Begleiterin aus ungeklärten Umständen herab. Dabei verletzte sie sich an den Zähnen.
Wegen der Folgen des Sturzes machte die junge Frau Ansprüche gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung geltend. Die Unfallkasse hielt die Forderungen jedoch für unbegründet. Denn der Sturz habe in keinerlei sachlichem Zusammenhang mit der Klassenfahrt gestanden.
Fehlender sachlicher Zusammenhang
Dem schloss sich das in Berufung mit dem Fall befasste Hessische Landessozialgericht an. Es bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Diese hatte die Forderung der Jugendlichen für unbegründet gehalten.
Die Richter stellten zwar nicht in Abrede, dass Schüler auch während schulischer Veranstaltungen, wie insbesondere auch Klassenfahrten, unfallversichert seien. Der Versicherungsschutz bestehe jedoch ausschließlich für Verrichtungen, die in einem sachlichen Zusammenhang mit der grundsätzlich versicherten Tätigkeit als Schüler stünden.
Widme sich ein Schüler hingegen rein persönlichen, von der versicherten Tätigkeit nicht mehr beeinflussten Belangen, so unterbreche dies den Versicherungsschutz.
Ursache war die Grunderkrankung
In dem entschiedenen Fall sei die Jugendliche allein wegen des mit ihrer Grunderkrankung im Zusammenhang stehenden Krampfanfalls auf das Bett gesetzt worden. In dieser stabilen Position habe sie warten sollen, bis sie mit der Teilhabeassistentin das Zimmer habe verlassen können. Dies gehöre jedoch nicht zu der versicherten Tätigkeit von Schülerinnen und Schülern.
Die Verletzte geht daher leer aus. Das Hessische Landessozialgericht ließ auch keine Revision gegen seine Entscheidung zu.
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(Quelle VersicherungsJournal 02.10.2019)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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