Fahrer von Elektro-Kleinstfahrzeugen, wie etwa einem Segway, die einen kombinierten Fuß- und Radweg nutzen, haften im Fall eines Zusammenstoßes mit einem Fußgänger in der Regel allein. Das geht aus einem kürzlich veröffentlichten Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom 16. April 2019 hervor (12 U 692/18).
Der Entscheidung lag die Klage einer Segway-Benutzerin zugrunde, die in einer Gruppe mit anderen Fahrern auf einem kombinierten Rad- und Fußweg unterwegs war.
Erhebliche Verletzungen
Dabei stieß sie mit einem Fußgänger zusammen, der rückwärtsgehend ein Foto anfertigen wollte und den Steh-Roller daher nicht bemerkt hatte. Ob der Fußgänger bei dem Zwischenfall verletzt wurde, ist nicht bekannt. Die Segway-Fahrerin stürzte jedoch und zog sich erhebliche Verletzungen zu.
Für die machte sie den Mann verantwortlich. Denn zu dem Unfall sei es nur wegen dessen Unaufmerksamkeit gekommen. Sie verklagte ihn daher auf Zahlung eines Schmerzensgeldes.
Ohne Erfolg. Sowohl das in erster Instanz mit dem Fall befasste Mainzer Landgericht als auch das in Berufung von der Verletzten angerufene Oberlandesgericht Koblenz hielten die Klage für unbegründet.
Warnsignale reichen nicht aus
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hatte die Frau den Passanten zu einem Zeitpunkt wahrgenommen, als dieser sich auf dem Fuß- und Fahrradweg rückwärts dem Bereich näherte, der ihre Fahrlinie kreuzte und den sie in Kürze erreichen würde.
Dies will sie nach eigener Aussage veranlasst haben, durch Rufen und Betätigen der Klingel ihres Fahrzeugs auf sich aufmerksam zu machen. Das reicht nach Überzeugung der Richter jedoch nicht aus.
Denn die Segway-Fahrerin habe schon beim erstmaligen Erkennen der Gefahrenlage, die sich für sie aus der geschilderten Situation ergeben konnte, „das weitere Verhalten des Beklagten abwarten und ihre Geschwindigkeit so einrichten müssen, dass sie in der Lage war, ihr Fahrzeug kurzfristig abzubremsen, wenn sich hierfür die Notwendigkeit ergeben würde, um einen Zusammenstoß mit dem Beklagten zu vermeiden“.
Benutzer derartiger Geräte müssten wegen schuldhaften Verhaltens haften, wenn diese ihre Fahrweise nicht so einrichteten, „dass die den absoluten Vorrang auf solchen Verkehrsflächen genießenden Fußgänger sich dort nicht gefahrlos und ungehindert bewegen können“ – so das Koblenzer Oberlandesgericht in seinem Beschluss.
Alleinige Verantwortung
Auf einem kombinierten Fuß- und Radweg hätten Fußgänger gegenüber den Fahrern von Elektro-Kleinstfahrzeugen einen absoluten Vorrang.
Sie müssten folglich nicht fortwährend nach entsprechenden Fahrzeugen Ausschau halten, um ihnen ausweichen zu können. Vielmehr wären dessen Fahrer dazu verpflichtet, ihre Fahrweise und Geschwindigkeit so anzupassen, dass es nicht zu einer Behinderung oder Gefährdung von Fußgängern komme.
Achte oder reagiere ein Passant nicht auf Warnsignale, so müsse das Fahrzeug bis zum Stillstand abgebremst werden. Denn ein Fußgänger dürfe darauf vertrauen, dass die den Weg befahrende Verkehrsteilnehmer auf ihn Acht geben.
Nach Ansicht der Richter ist das Verschulden der Klägerin am Zustandekommen des Unfalls so hoch einzuschätzen, dass dahinter ein etwaiges Mitverschulden des Beklagten wegen seines unachtsamen Rückwärtsgehens vollständig zurücktritt.
(Quelle VersicherungsJournal 02.10.2019)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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