02.09.2019
Schmerzhafte Bekanntschaft mit einer Glastür

Ein Pauschaltourist hatte sich verletzt, als er in seinem Hotelzimmer gegen eine geschlossene Balkontür gelaufen war. In so einem Fall ist der Reiseveranstalter nur dann nicht für die Folgen des Unfalls verantwortlich, wenn die Tür den örtlichen Bauvorschriften entsprochen hat. Ob das der Fall ist, muss gegebenenfalls gerichtlich geklärt werden – so der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil vom 25. Juni 2019 (X ZR 166/18).
Der Kläger hatte bei einem Reiseveranstalter für mehrere Personen eine einwöchige Pauschalreise nach Gran Canaria gebucht. Am Tag der Ankunft wollte der siebenjährige Sohn seiner Lebensgefährtin auf den Balkon laufen. Dabei prallte er gegen die verschlossene Balkontür. Deren Scheibe zerbrach, so dass das Kind Schnittverletzungen erlitt.
Ausreichend gesichert?
Der Urlauber behauptete, dass die Glastür nicht den spanischen Bauvorschriften entsprochen habe. Er verklagte das Unternehmen daher auf Zahlung von Schadenersatz, ein Schmerzensgeld für den Jungen sowie auf eine Entschädigung für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit.
Der Reiseveranstalter verteidigte sich mit dem Argument, dass die Tür mit zwei Aufklebern in Form einer kleinen Krone sowie einem blauen Punkt gekennzeichnet gewesen sei. Damit sei ausreichend auf die von ihr ausgehenden Gefahren hingewiesen worden. Eine völlige Sicherheit sei nicht zu erreichen.
Dieser Argumentation schlossen sich sowohl das in erster Instanz mit dem Fall befasste Landgericht Hannover als auch das von dem Mann in Berufung angerufene Celler Oberlandesgericht an.
Im Übrigen sei es nicht Aufgabe der Richter zu klären, ob die örtlichen Bauvorschriften eingehalten wurden. Es sei vielmehr Sache des Reisenden gewesen, einen Verstoß zu beweisen. Das sei nicht geschehen. Beide Gerichte wiesen die Klage daher als unbegründet zurück.
Etappensieg
Mit seiner hiergegen beim Bundesgerichtshof (BGH) eingelegten Revision errang der Mann einen Etappensieg. Die Richter wiesen die Sache an das Berufungsgericht zurück.
Nach Ansicht des BGH ist die Beurteilung der Vorinstanzen nur dann zutreffend, wenn die dem Kind zum Verhängnis gewordene Balkontür den örtlichen Bauvorschriften entsprach. Denn nur dann habe sie jenem Sicherheitsstandard genügt, den ein Hotelgast erwarten durfte.
„Sollte die Tür diesem Standard nicht entsprochen haben, so bestand hingegen eine besondere Gefährdungslage, in der eine einfache Markierung auf der Scheibe nicht ausreichte“ – so die Richter. Der Klage wäre daher dem Grunde nach stattzugeben.
Sache der Vorinstanzen
Im Übrigen stimmte der Bundesgerichtshof zwar der Auffassung der Vorinstanzen zu, dass es nicht Aufgabe eines Zivilgerichts sei, die Ursachen eines Unfalls von Amts wegen aufzuklären.
Der Vortrag des Touristen zu einem Verstoß gegen die örtlichen Bauvorschriften sei jedoch hinreichend konkret gewesen. Unter dieser Voraussetzung sei es daher durchaus Sache der Vorinstanzen gewesen, den Inhalt der dafür maßgeblichen in- und ausländischen Vorschriften in eigener Zuständigkeit zu ermitteln.
(Quelle VersicherungsJournal 27.06.2019)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de