17.06.2019
Wenn es besser ist, das Bußgeld stillschweigend zu zahlen

Die Regel, dass ein Gericht von einer in einem Bußgeldbescheid getroffenen Entscheidung nicht zum Nachteil des Betroffenen abweichen darf, gilt nicht uneingeschränkt. Das geht aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 4. Oktober 2018 hervor (IV-2 RBs 195/18).
„Ein Gericht darf von der im Bußgeldbescheid getroffenen Entscheidung nicht zum Nachteil des Betroffenen abweichen“, heißt es in § 72 Absatz 3 OWiG.
Darauf berief sich ein Führerscheininhaber, der wegen einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit vom Amtsgericht verurteilt worden war, eine Geldbuße in Höhe von 160 Euro zu zahlen. Gegen ihn wurde außerdem ein einmonatiges Fahrverbot verhängt.
Streit um Schonfrist
Anders als zuvor in einem Bescheid der Bußgeldstelle vom 3. Juli 2017, wurde ihm vom Amtsgericht keine viermonatige Schonfrist bis zum Vollzug des Fahrverbots gewährt. Dies geschah, obwohl gemäß § 25 Absatz 2a StVG ein Fahrverbot erst dann wirksam wird, „wenn der Führerschein nach Rechtskraft der Bußgeldentscheidung in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft“.
Der Autofahrer sah darin einen Verstoß gegen das Verschlechterungs-Verbot gemäß § 72 Absatz 3 OWiG. Er legte daher beim Düsseldorfer Oberlandesgericht eine Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsgerichts ein. Das jedoch wies die Beschwerde als unbegründet zurück.
Vorangegangener Geschwindigkeits-Verstoß
Zum Verhängnis wurde dem Mann, dass er bereits vor Erlass des Bußgeldbescheides einen weiteren Geschwindigkeits-Verstoß begangen hatte. Dessen Ahndung erlangte aber erst im Januar 2018 Rechtskraft.
Nach Ansicht des Düsseldorfer Oberlandesgerichts durfte der deswegen von der Bußgeldstelle erlassene Bescheid bei dem erneuten Verstoß nicht berücksichtigt werden. Das habe jedoch nicht für das Amtsgericht gegolten, das seine Entscheidung erst nach Rechtskraft des ersten Bußgeldbescheides gefällt hatte.
„Denn das Verschlechterungsverbot gilt im erstinstanzlichen gerichtlichen Bußgeldverfahren kraft besonderer gesetzlicher Bestimmung nur bei einer Entscheidung durch Beschluss im schriftlichen Verfahren, nicht aber bei einer Entscheidung durch Urteil nach Durchführung einer Hauptverhandlung“, heißt es dazu in dem Beschluss des Düsseldorfer Oberlandesgerichts.
Rechtsbehelf eigener Art
Ein Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid sei kein Rechtsmittel, sondern ein Rechtsbehelf eigener Art. Er eröffnet einem Gericht die Gelegenheit, die Tat zu beurteilen, ohne an die in dem Bescheid getroffenen Feststellungen und deren Bewertung durch die Bußgeldbehörde gebunden zu sein.
Ein Bußgeldbescheid verliere so seine Bedeutung einer vorläufigen Entscheidung. Er behalte nur noch die Bedeutung einer tatsächlich und rechtlich näher bezeichneten Beschuldigung. Aus diesem Grund könne ein gerichtliche Bußgeldverfahren gemäß § 81 OWiG sogar noch in ein Strafverfahren übergeleitet werden.
(Quelle VersicherungsJournal 09.04.2019)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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