Einen Fußgänger treffen beim Überschreiten eines Geh- und Radweges dieselben Sorgfaltspflichten, wie beim Überschreiten einer Fahrbahn für Kraftfahrzeuge. Kommt er diesen Pflichten nicht nach, so ist er gegebenenfalls allein für einen Unfall verantwortlich. Dies ist der Tenor eines kürzlich veröffentlichten Urteils des Oberlandesgerichts Celle vom 20. November 2018 (14 U 102/18).
Der Kläger hatte als Fußgänger sein von einer Hecke umfriedetes Grundstück verlassen und war dabei auf einem davor verlaufenden kombinierten Geh- und Radweg mit einem Rennradfahrer kollidiert. Dieser war zuvor nach rechts ausgewichen, um einen Zusammenstoß mit einer Joggerin, die ihm entgegenkam, zu verhindern.
Bei dem Unfall wurden sowohl der Rennradfahrer als auch der Kläger verletzt. Dieser hielt allein den Radler für den Zwischenfall verantwortlich. Er verklagte ihn daher darauf, ihm Schadenersatz und Schmerzensgeld zu zahlen.
Sorgfaltswidriges Handeln?
Seine Forderung begründete der Kläger damit, dass der Rennradfahrer schneller als 20 km/h gefahren sei. Sein Abstand zu der Hecke habe außerdem weniger als einen Meter betragen. Der Radler habe daher sorgfaltswidrig gehandelt und sei somit allein für den Unfall verantwortlich.
Dieser Argumentation wollten sich weder das in erster Instanz mit dem Fall befasste Landgericht Lüneburg noch das Celler Oberlandesgericht anschließen. Die Richter beider Gerichte wiesen die Klage als unbegründet zurück. Sie gaben gleichzeitig der Widerklage des Fahrradfahrers dem Grunde nach statt.
Fehlender Beweis
Nach Überzeugung des Gerichts ist es dem Kläger nicht gelungen, den ihm obliegenden Beweis für ein Verschulden des Rennradfahrers zu liefern. Er habe nämlich nicht nachweisen können, dass der Beklagte zum Unfallzeitpunkt auf dem Radweg unangemessen schnell unterwegs gewesen war. Auch habe er nicht schlüssig darlegen können, dass der Radler nur einen geringen Abstand zu der Hecke, mit dem der Kläger nicht habe rechnen müssen, eingehalten hatte.
Der Kläger wäre vielmehr durch einen vorsichtigen Blick dazu verpflichtet gewesen, sich vor Betreten des Rad- und Fußweges darüber zu vergewissern, dass sich kein Radfahrer nähert. Denn seine Grundstückseinfahrt sei wegen der Hecke schlecht einsehbar gewesen.
Einen solchen Blick habe er seinem eigenen Bekunden nach unterlassen. Er sei vielmehr unmittelbar auf den Weg getreten und sei dabei vor das Fahrrad des Beklagten gelaufen.
Sorgfaltspflichten
Einen Fußgänger würden beim Überschreiten eines Geh- und Radweges jedoch dieselben Sorgfaltspflichten treffen, wie beim Überqueren einer von Kraftfahrzeugen befahrenen Fahrbahn. Dazu gehöre es, sich zu vergewissern, ob dieser Weg gefahrlos für sich und andere betreten werden kann. Da der Kläger das unterlassen habe, sei er allein für den Unfall verantwortlich.
Die Richter sahen keine Veranlassung, eine Revision zum Bundesgerichtshof zuzulassen. Dort hat der Kläger mittlerweile eine Nichtzulassungs-Beschwerde eingelegt. Über die ist noch nicht entschieden worden.
(Quelle VersicherungsJournal 05.02.2019)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
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