Das Anhalten in einer Parkbucht, um eine auf einem privaten Mobiltelefon eingegangene SMS zu lesen, ist grundsätzlich dem privaten Bereich eines Beschäftigten zuzuordnen. Erleidet er dabei einen Unfall, so hat er keinen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung – so das Landessozialgericht Baden-Württemberg in einem Urteil vom 19. September 2017 (L 9 U 764/16).
Der Entscheidung lag der Fall einer kaufmännischen Angestellten zugrunde, die auf dem Weg von ihrer Arbeit einen Unfall erlitten hatte.
Kein Wegeunfall?
Sie befand sich mit ihrem Auto auf dem direkten Weg zwischen ihrer Arbeitsstätte und ihrer Wohnung, als auf ihrem privaten Mobiltelefon eine SMS einging. Da sie vermutete, dass diese möglicherweise von ihrem Arbeitgeber stammen könnte, der mit Jahresabschlussarbeiten beschäftigt war, ordnete sie sich nach links ein, um auf einen unmittelbar neben der Straße befindlichen Parkplatz abzubiegen. Erst dort wollte sie die Nachricht, den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung gerecht werdend, lesen.
Soweit kam es jedoch nicht. Denn Augenblicke später fuhr der Fahrer eines anderen Fahrzeugs auf ihren Personenkraftwagen auf.
Wegen ihrer dabei erlittenen Verletzungen wollte die Frau Leistungen der Berufsgenossenschaft in Anspruch nehmen. Die ordnete den Unfall dem rein privaten Bereich der Versicherten zu und lehnte es ab, ihn als Wegeunfall anzuerkennen. Denn die Klägerin habe nicht nachweisen können, dass es tatsächlich ihr Arbeitgeber gewesen sei, der sie per SMS erreichen wollte.
Eigenwirtschaftliche Handlung
Sowohl das in erster Instanz mit dem Fall befasste Stuttgarter Sozialgericht als auch das von der Versicherten in Berufung angerufene Landessozialgericht Baden-Württemberg schlossen sich der Auffassung des gesetzlichen Unfallversicherers an. Beide Gerichte wiesen die Klage der Angestellten als unbegründet zurück.
Sie wandte dagegen ein, gute Gründe dafür gehabt zu haben davon auszugehen, dass sie ihr Chef wegen einer Frage zum Jahresabschluss erreichen wollte und eine derartige Kontaktaufnahme auch üblich war. Doch das vermochte die Richter nicht zu überzeugen.
Denn das die auf ihrem privaten Mobiltelefon empfangene SMS möglicherweise berufliche Bezüge gehabt haben könnte, sei nicht von Belang. Das Lesen einer SMS sei vielmehr grundsätzlich als eigenwirtschaftliche Handlung anzusehen und stehe daher nicht unter dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Keine Revision zugelassen
Weil ihr Telefon bei dem Unfall zerstört worden war, habe die Klägerin auch nicht beweisen können, dass es sich um eine dienstliche Nachricht gehandelt habe. Auch ihr Arbeitgeber habe das nicht bestätigen können.
Die bloße subjektive Vorstellung der Klägerin, dass es sich möglicherweise um eine SMS ihres Arbeitgebers gehandelt habe könnte, sei für die Bejahung des Versicherungsschutzes jedoch nicht ausreichend.
Ihre Berufung gegen das Urteil der Vorinstanz wurde daher als unbegründet zurückgewiesen. Einen Grund, eine Revision zum Bundessozialgericht zuzulassen, sahen die Richter nicht.
(Quelle VersicherungsJournal 11.12.2018)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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