18.02.2019
Wenn sich das Sehvermögen plötzlich verschlechtert

Solange keine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses vorliegt, sind gesetzliche Krankenversicherer nicht dazu verpflichtet, die Kosten einer elektrischen Stimulation der Sehnerven zur Therapie von Gesichtsfeldausfällen zu übernehmen. Das geht aus einem Gerichtsbescheid des Stuttgarter Sozialgerichts vom 3. April 2018 hervor (S 8 KR 4336/17).
Der Kläger hatte im Oktober 2015 am rechten Auge eine plötzliche Verschlechterung seines Sehnervs (anteriore ischämische Optikusneuropathie) erlitten. Knapp ein Jahr später war auch sein linkes Auge betroffen.
Elektrische Stimulation
Da die Erkrankung mit Gesichtsfeldausfällen verbunden war, versuchte er alles, um das Leiden in den Griff zu bekommen. Sein Augenarzt empfahl ihm schließlich eine Therapie mit dem Next Wave System, einer Methode, mit welcher die Sehnerven elektrisch stimuliert werden.
Unter Vorlage eines Kostenvoranschlages beantragte er im November 2016 die Übernahme der Kosten der Therapie bei seinem gesetzlichen Krankenversicherer. Der lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass es sich um eine neue Behandlungsmethode handele, für die keine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesauschusses vorliege. Der Versicherte müsse sich daher auf alternative Behandlungsmethoden verweisen lassen.
Fehlender Wirksamkeitsnachweis
Angesichts seines Leidensdrucks wollte der Versicherte diese Entscheidung nicht akzeptieren. Er ließ die Behandlung daher im Dezember 2016 auf eigene Faust durchführen. Anschließend zog er gegen seine Krankenkasse vor Gericht. Dort erlitt er eine Niederlage.
Nach Ansicht des Gerichts hat der Krankenversicherer die Übernahme der Kosten für eine Behandlung mit dem Next Wave System zu Recht abgelehnt. Denn bislang würde kein Wirksamkeitsnachweis für die beantragte Behandlungsmethode vorliegen. Es fehle an einer ausreichenden Zahl von Fällen, die eine sichere Beurteilung auf Basis von wissenschaftlich einwandfrei geführten Statistiken ermöglichen würden.
Auch der Gemeinsame Bundesausschuss habe noch keine positive Empfehlung zu dem diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben.
Fehlender Wirksamkeitsnachweis
Der Krankenversicherer wäre nach Meinung der Richter daher nur dann dazu verpflichtet gewesen, die Kosten zu übernehmen, wenn sich der Kläger in einer notstandsähnlichen Krankheitssituation befunden hätte. Das wäre zum Beispiel dann der Fall gewesen, wenn er unter einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Krankheit gelitten hätte, für die keine alternative Behandlungsmethode zur Verfügung steht.
Davon könne jedoch nicht ausgegangen werden. Der Kläger muss die Kosten der Behandlung daher aus eigener Tasche bezahlen.
(Quelle VersicherungsJournal 21.08.2018)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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