Ein Passagier eines Kreuzfahrtschiffs kann nicht erwarten, dass er bei schwerem Seegang von der Besatzung auf dessen Gefahren hingewiesen wird. Es obliegt vielmehr ihm, sich entsprechend vorsichtig zu bewegen und für seine eigene Sicherheit zu sorgen, so das Oberlandesgericht Koblenz in einem Hinweisbeschluss vom 23. Mai 2018 (5 U 351/18).
Die Klägerin befand sich auf einem Kreuzfahrtschiff. Trotz schweren Seegangs entschloss sie sich dazu, das Fitnessstudio des Dampfers aufzusuchen. Das stellte sich als keine gute Idee heraus.
Denn sie wollte auf einem Laufband trainieren, verließ dieses jedoch kurz wegen einer Desinfektion durch den Vorgänger. Dabei fiel sie wegen des Schlingerns des Schiffs hin und brach sich die linke Hüftpfanne.
Fehlende Warnung
Die Fraktur wurde vom Schiffsarzt nicht diagnostiziert. Er ging lediglich von einer Zerrung im Bereich des Oberschenkels aus. Erst als die Klägerin nach ihrer Rückkehr ihren Hausarzt aufsuchte, wurde die Verletzung im Rahmen einer MRT-Untersuchung festgestellt.
Gegen die Reederei reichte die Frau daraufhin eine Schadenersatz- und Schmerzensgeldklage ein. Sie begründete dies damit, dass die Besatzung des Schiffs gegen die Verkehrssicherungs-Pflicht verstoßen hätte. Denn angesichts des starken Seegangs hätte das Fitnessstudio am Unfalltag geschlossen oder zumindest vor dem Risiko eines Sturzes gewarnt werden müssen. Denn dann hätte sie sich nicht verletzt.
Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos
Dieser Argumentation wollten sich jedoch weder das in erster Instanz mit dem Fall befasste Koblenzer Landgericht noch das Oberlandesgericht der Stadt anschließen. Die Richter beider Gerichte hielten die Klage für unbegründet.
Nach ihrer Überzeugung ist der beklagten Reederei nicht vorzuwerfen, ihre Verkehrssicherungs-Pflicht verletzt zu haben. Bei dem Unfall der Klägerin habe sich vielmehr das allgemeine Lebensrisiko im Zusammenhang mit einer Schiffsreise verwirklicht.
Der Klägerin habe bewusst sein müssen, dass ein Schiff insbesondere bei schwerer See schwanken kann. „Es hat daher ihr oblegen, dafür Sorge zu tragen, sich an Bord vorsichtig zu bewegen und den gegebenenfalls erforderlichen Halt zu verschaffen“, so das Gericht.
Warnung nicht erforderlich
Eine Warnung vor offensichtlichen Gefahren sei grundsätzlich nicht erforderlich. Die Beklagte habe folglich auch auf die naheliegende Gefahr, sich im Fitnessstudio bei starkem Seegang zu verletzen, nicht explizit hinweisen müssen. Denn dass sich Schiffsreisende bei schwerem Seegang vorsichtig bewegen und für ihre eigene Sicherheit sorgen müssen, liege auf der Hand.
In so einer Situation obliege es jedem Einzelnen, für sich zu entscheiden, welche Risiken er eingehen will. Eine Haftungsverpflichtung für die Reederei ergebe sich daraus nicht.
(Quelle VersicherungsJournal 15.11.2018)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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