Ein Unfallgeschädigter muss sich in der Regel darauf verlassen können, dass die von einem Sachverständigen getroffenen Feststellungen zur Schadenshöhe und zum Umfang der Reparatur sowie möglicher Nebenleistungen den Notwendigkeiten entsprechen. Das geht aus einem Urteil des Amtsgerichts Coburg vom 25. April 2017 hervor (15 C 4/17).
Der Kläger war mit seinem Personenkraftwagen in einen Unfall verwickelt worden. Zwischen ihm und dem Kraftfahrzeugs-Haftpflichtversicherer des Schädigers bestand Einigkeit darüber, dass dieser allein für den dabei entstandenen Schaden eintrittspflichtig war.
Zu teuer und überflüssig?
Streit gab es jedoch wegen Nebenkosten, die im Zusammenhang mit der Reparatur entstanden waren. So hielt der Versicherer die Verbringungskosten von der Werkstatt zur Lackiererei für überhöht. Er wollte sich daher nur zu einem Teil an den Kosten beteiligen.
Einwände erhob der Versicherer auch wegen Reinigungskosten, die die Werkstatt in Rechnung gestellt hatte. Die wollte er gar nicht übernehmen. Denn er hielt eine Reinigung des verunfallten Fahrzeugs nach den Lackierarbeiten für überflüssig.
Letztlich ging es um einen Betrag von nicht einmal 100 Euro, wegen dem der Fall hauptsächlich vor dem Coburger Amtsgericht landete. Das Gericht gab der Klage des Geschädigten in vollem Umfang statt. Eine Ausnahme bildeten hierbei in Rechnung gestellte Hilfeleistungen durch den Sachverständigen von knapp 40 Euro, die nicht ausreichend belegt worden waren.
Naheliegend
Nach den Feststellungen des Gerichts hatte der Sachverständige bereits in seinem Gutachten erklärt, dass die von der Werkstatt berechneten Verbringungskosten der Höhe nach ortsüblich seien. Da die Werkstatt über keine eigene Lackiererei verfügte, seien sie auch angefallen. Der beklagte Versicherer sei daher dazu verpflichtet, sie in vollem Umfang zu übernehmen.
Das gilt nach Ansicht des Coburger Amtsgerichts auch für die Reinigungskosten. Denn es sei naheliegend, dass bei den vorgenommenen Lackierarbeiten insbesondere auch der Innenbereich des Fahrzeugs durch Schleifarbeiten verunreinigt worden ist und gereinigt werden musste. Auch das habe der Sachverständige in seinem Gutachten unmissverständlich zum Ausdruck gebracht.
Sache des Schädigers
Nach Ansicht des Gerichts muss sich ein Unfallgeschädigter darauf verlassen können, dass er auf Grundlage des Gutachtens eines öffentlich vereidigten unabhängigen Sachverständigen eine Werkstatt damit beauftragen kann, sein Fahrzeug zu reparieren. Macht die Werkstatt einen Fehler, indem sie etwas falsch, zu lange oder überteuert repariert, gehe das sogenannte Werkstattrisiko zulasten des Schädigers beziehungsweise zulasten dessen Versicherers.
Als Korrektiv habe der Gesetzgeber in § 255 BGB die Möglichkeit zur Abtretung von Ersatzansprüchen geschaffen. Demnach könne sich der Eintrittspflichtige etwaige Regressansprüche des Auftraggebers, die aus dem Werkvertragsverhältnis des Reparaturauftrags entstehen, abtreten lassen, um diese gegenüber der Werkstatt geltend machen zu können.
(Quelle VersicherungsJournal 07.11.2018)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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