07.01.2019
Faustschlag auf fremde Motorhaube teilweise folgenlos

Fährt ein Autofahrer beim Ausparken mit seinem Fahrzeug auf eine vor seinem Pkw stehende Person zu, um diese zum Beiseitetreten zu nötigen, und schlägt diese sodann mit der Faust auf die Motorhaube, so kann je nach den Umständen des Einzelfalls eine Schadenteilung gerechtfertigt sein. Das geht aus einem Urteil des Amtsgerichts Ludwigshafen vom 13. September 2017 hervor (2h C 42/17).
Der Kläger hatte seinen Personenkraftwagen im Bereich eines zu einem Marktstand gehörenden Transporters geparkt. Mit Ausnahme für die Marktbeschicker galt dort an Markttagen ein uneingeschränktes Halteverbot. Das ignorierte der Kläger, weil „er ja nur kurz etwas einkaufen wollte“.
Eingestellte Ermittlungsverfahren
Als der Kläger zu seinem Fahrzeug zurückkam und losfahren wollte, stellte sich der Betreiber des Marktstandes vor eine der Pylonen, mit welchen er seinen Transporter gesichert hatte. Um ihn dazu zu bewegen, den Weg freizumachen, fuhr der Kläger auf den Mann zu. Dieser schlug als Reaktion mit seiner Faust auf die Motorhaube des Pkw.
Anschließend setzte der Kläger zurück, parkte aus und verständigte die Polizei. Ein gegen den Kläger wegen Nötigung eingeleitetes Verfahren wurde ebenso eingestellt, wie ein Ermittlungsverfahren wegen Sachbeschädigung, mit dem sich sein Kontrahent konfrontiert sah.
Der Kläger machte wegen der Beschädigung der Motorhaube seines Fahrzeugs gleichwohl Schadenersatzansprüche gegen den Marktstandbetreiber geltend. Der hielt die Forderung für unbegründet. Denn er habe nur deswegen auf die Motorhaube geschlagen, um den Kläger an der Weiterfahrt zu hindern. Andernfalls habe nämlich die Gefahr einer Verletzung bestanden.
Nötigung
Da sich die Streithähne nicht einigen konnten, landete der Fall vor dem Ludwigshafener Amtsgericht. Das fällte ein salomonisches Urteil.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme wäre es dem Kläger durchaus möglich gewesen, die Parklücke ohne auf den Beklagten zuzufahren, zu verlassen. Denn hinter seinem Fahrzeug sei noch etwa ein Meter Platz gewesen.
Von dem Kläger hätte daher erwartet werden können, rückwärts aus der Lücke zu fahren, was er letztlich auch gemacht habe. Das gelte umso mehr, als er sein Fahrzeug verbotswidrig im uneingeschränkten Halteverbot abgestellt hatte.
Zufahren auf den Beklagten war unangemessen
Der Kläger habe sich folglich einer Nötigung schuldig gemacht, als er auf den Beklagten zufuhr. Das Zufahren auf den Beklagten habe nämlich keinem billigenswerten Zweck gedient. Es sei angesichts der Umstände völlig unangemessen gewesen.
Denn auch wenn der Kläger nur, wie von ihm behauptet, ein ganz kleines Stück von nur fünf Zentimeter vorgefahren sein sollte, sei dies gleichwohl erfolgt, um den Beklagten durch Drohung mit einer körperlichen Verletzung oder aber einem gewaltsamen Wegschieben durch das Kraftfahrzeug zu einer Handlung zu nötigen.
Maßregelung
Nach Meinung des Gerichts hat sich jedoch auch der Beklagte nicht korrekt verhalten. Sein Schlag auf die Motorhaube sei nämlich auch nicht durch die von ihm behauptete Notwehr gerechtfertigt gewesen. Denn niemand habe ihn dazu gezwungen, sich dem Kläger demonstrativ in den Weg zu stellen. Er hätte ihn einfach auch ohne ihn zu behindern wegfahren lassen können.
Es sei ihm aber offenkundig um eine Maßregelung des Klägers gegangen, so dass auch er für den Vorfall verantwortlich war.
„Ebenso wie der Beklagte damit rechnen musste, dass sein Verhalten den Kläger dazu provozieren könnte zu versuchen, ihn durch Zufahren mit dem Fahrzeug wegzudrängen, musste der Kläger damit rechnen, dass der Beklagte diesem Verhalten handgreiflich begegnen, also der Einsatz des Kraftfahrzeugs als Mittel der Gewaltanwendung sozusagen nach hinten losgehen könnte“ – heißt es dazu in der Urteilsbegründung.
Unter Abwägung der beiderseitigen Verursachungsanteile verurteilte das Gericht den Beklagten dazu, sich zur Hälfte an den schadensbedingten Aufwendungen des Klägers zu beteiligen.
(Quelle VersicherungsJournal 18.10.2018)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
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