17.12.2018
Bußgeld wegen fehlender Papiere

Muss eine Fluggesellschaft ein Bußgeld bezahlen, weil ein von ihr beförderter Passagier bei der Ankunft am Zielflughafen nicht über die notwendigen Einreisepapiere verfügt, so hat ihr der Fluggast das Bußgeld unter bestimmten Voraussetzungen zu erstatten. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 15. Mai 2018 entschieden (X ZR 79/17).
Der Beklagte hatte bei der klagenden Fluggesellschaft im Frühjahr 2015 einen Flug von Frankfurt am Main nach Neu-Delhi gebucht.
Bei der Ankunft in Indien stellten die dortigen Behörden fest, dass der Fluggast nicht über ein für die Einreise erforderliches Visum verfügte. Ihm wurde daher die Einreise verweigert. Die Fluggesellschaft wurde gleichzeitig dazu verpflichtet, ein Bußgeld in Höhe von umgerechnet rund 1.415 Euro zu zahlen.
Etappensieg
Diesen Betrag forderte das Unternehmen von dem Beklagten zurück. Denn schließlich sei es ausschließlich dessen Sache gewesen, sich ein Visum zu beschaffen. Als der Fluggast nicht zahlen wollte, zog das Luftfahrtunternehmen vor Gericht. Dort wurde er sowohl in der ersten als auch in der Berufungsinstanz zur Zahlung des geforderten Betrages verpflichtet.
Das wollte er jedoch nicht akzeptieren. Denn die Fluggesellschaft treffe zumindest ein Mitverschulden. Sie habe nämlich bei der Abfertigung am Frankfurter Flughafen nicht geprüft, ob er über ein für Indien nötiges Visum verfügte. Der Beklagte legte daher Revision beim Bundesgerichtshof ein. Der bescherte ihm einen Etappenerfolg.
Die Richter stimmten mit den Vorinstanzen zunächst einmal darin überein, dass es zu den vertraglichen Nebenpflichten eines Fluggastes gehört, einen Flug nicht ohne die erforderlichen Reisedokumente, zu denen insbesondere ein Visum gehöre, anzutreten. Der Beklagte sei der Fluggesellschaft daher grundsätzlich zum Schadenersatz verpflichtet.
Schutzwürdiges Interesse
Luftverkehrsunternehmen hätten nämlich ein schutzwürdiges Interesse daran, keine Passagiere ohne die für die Einreise in den Ziel- beziehungsweise Transitstaat gültigen Papiere zu befördern.
Ihnen sei es häufig durch bußgeld- oder strafbewehrte Rechtsvorschriften ausländischer Staaten untersagt, Passagiere in das Zielland zu befördern, die nicht über die zur Einreise erforderlichen Dokumente verfügen. Im Fall einer Zuwiderhandlung seien die Unternehmen regelmäßig dazu verpflichtet, den Fluggast zurückzubefördern.
Eine Fluggesellschaft ist nach Ansicht der Richter auch nicht dazu verpflichtet, einen Reisenden über eine bestehende Visumspflicht zu informieren. Denn der sei schon im eigenen Interesse gehalten, sich vor dem Abflug die für die Einreise in einen Transit- oder Zielstaat erforderlichen Papiere einschließlich eines gegebenenfalls notwendigen Visums zu verschaffen und diese Dokumente während des Fluges mitzuführen.
Denkbares Mitverschulden
An der Annahme der Vorinstanzen, dass die klagende Fluggesellschaft kein Mitverschulden treffe, hegten die Richter des Bundesgerichtshofs trotz allem Zweifel. Denn die Klägerin habe eine Obliegenheit zur Visakontrolle getroffen.
Ihr habe bekannt gewesen sein müssen, dass für Indien ein Visum erforderlich ist und sie in Fällen, in denen ein Fluggast nicht über ein solches verfügt, ein Bußgeld zahlen muss. Angesichts dieser Tatsache sei sie „im eigenen Interesses gehalten gewesen, vor Abflug in geeigneter Weise zu überprüfen, ob sich die Passagiere des Fluges nach Neu-Delhi im Besitz eines Visums befanden“.
Feststellungen zu der Art und Schwere eines möglicherweise wechselseitigen Verursachungsbeitrags habe das Berufungsgericht bislang jedoch noch nicht getroffen – so der Bundesgerichtshof. Der Fall wurde daher zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurückverwiesen.
(Quelle VersicherungsJournal 23.08.2018)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de