10.12.2018
Zusammenstoß beim Ausparken

Stoßen zwei rückwärts ausparkende Fahrzeuge zusammen, so kann eine Schadenteilung gerechtfertigt sein. Das geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15. Mai 2018 hervor (VI ZR 231/17).
Die Klägerin hatte ihren Personenkraftwagen vorwärts auf einem rechtwinklig zur Fahrbahn angeordneten Parkplatz geparkt. Am gegenüberliegenden Fahrbahnrand parkte der Beklagte mit seinem Pkw. Diesen hatte er entgegen der Fahrtrichtung abgestellt.
Zufällig wollten beide Unfallbeteiligten zum gleichen Zeitpunkt ausparken. Die Klägerin musste dazu rückwärts einen Linksbogen fahren. Dabei kollidierte sie mit dem Fahrzeug des ebenfalls rückwärts aus seiner Parklücke ausfahrenden Beklagten.
Verantwortung der Klägerin
Der Versicherer des Beklagten hielt die Klägerin überwiegend für den Unfall verantwortlich. Sie habe das ausparkende Fahrzeug des Beklagten nachweislich bemerkt, aber trotzdem ihre Rückwärtsfahrt fortgesetzt. Der Versicherer wollte sich daher nur mit einer Quote von einem Drittel an den schadenbedingten Aufwendungen der Klägerin beteiligen.
Das in erster Instanz mit dem Fall befasste Amtsgericht ging von einem gegenseitigen Verschulden der Unfallbeteiligten aus. Es gab der Klage der Frau daher auf Grundlage einer Haftungsquote von 50 Prozent statt. Dieses Urteil wurde von der nächsten Instanz bestätigt.
Erfolglose Revision
Da sich die Klägerin weiterhin für unschuldig hielt, legte sie Revision beim Bundesgerichtshof ein. Damit hatte sie jedoch keinen Erfolg.
Nach Überzeugung der Richter hatte die rückwärts über zwei Fahrbahnen ausparkende Klägerin erkannt, dass der Beklagte zu seinem Auto gegangen und eingestiegen war, um ebenfalls auszuparken. Auch dass er dazu zunächst werde rückwärts fahren müssen, habe die Klägerin bemerken müssen.
Gesteigerte Sorgfaltspflichten
Die gesteigerten Sorgfaltspflichten gemäß § 9 Absatz 5 sowie § 10 Satz 1 StVO würden jedoch nicht nur gegenüber dem fließenden Verkehr, sondern auch gegenüber allen anderen Verkehrsteilnehmern gelten. Die Richter aller Instanzen zeigten sich daher davon überzeugt, dass der Unfall für beide Beteiligten bei genügender Aufmerksamkeit zu vermeiden gewesen wäre. Denn auch der Beklagte hätte das Fahrmanöver der Klägerin bemerken und sich darauf einstellen müssen.
Im Übrigen falle unter den Begriff „anderer Verkehrsteilnehmer“ im Sinne der vorgenannten Gesetze jede Person, die sich selbst verkehrserheblich verhält, „das heißt körperlich und unmittelbar auf den Ablauf eines Verkehrsgeschehens einwirkt“.
Aus diesem Grund würden auch gegenüber Fußgängern besondere Sorgfaltspflichten bestehen. Nichts anderes könne im Verhältnis zu anderen auf die Straße einfahrenden oder am Straßenrand anfahrenden Kraftfahrzeugen gelten, so das Gericht. Die Richter des Bundesgerichtshofs hielten daher die von dem Amtsgericht vorgenommene Haftungsverteilung für sachgerecht.
(Quelle VersicherungsJournal 22.08.2018)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de