Kommt ein Fahrradfahrer wegen Laubs, das auf einem Radweg liegt, zu Fall, kann er in der Regel nicht die örtliche Gemeinde für die Folgen des Sturzes zur Verantwortung ziehen. Das hat das Oberlandesgericht Bremen mit Beschluss vom 13. April 2018 entschieden (1 U 4/18).
Der Kläger befuhr im November 2015 mit seinem Fahrrad einen Rad- und Gehweg. Unmittelbar nach Überqueren einer Kreuzung fuhr er gegen eine Bordsteinkante und stürzte.
Grund für den Sturz war auf dem Radweg liegendes Laub. Dadurch konnte der Kläger nicht erkennen, dass der Weg auf der gegenüberliegenden Kreuzungsseite nicht, wie von ihm erwartet, geradeaus, sondern versetzt weitergeführt wurde.
Verletzung der Verkehrssicherungs-Pflicht?
Für die Folgen seines Sturzes machte der Kläger die Gemeinde verantwortlich. Er warf ihr vor, ihre Verkehrssicherungs-Pflicht verletzt zu haben. Denn sie sei angesichts der herbstlichen Verhältnisse dazu verpflichtet gewesen, das Laub zu beseitigen. Wäre sie dieser Verpflichtung nachgekommen, wäre er nicht gestürzt.
Das in erster Instanz mit dem Fall befasste Bremer Landgericht hielt die Schadenersatz- und Schmerzensgeldklage des Radlers für unbegründet. Er habe nicht darauf vertrauen dürfen, dass sich unter dem Laub keine Hindernisse verbergen, und sich entsprechend vorsichtig verhalten müssen.
Ausreichende Vorsorge
Dieser Argumentation schloss sich das von dem Kläger in Berufung angerufene Oberlandesgericht der Hansestadt an. Nach Ansicht der Richter ist eine Gemeinde im Rahmen ihrer Verkehrssicherungs-Pflicht nicht dazu angehalten, ständig sämtliche Straßen und Wege von jeglichem Laubbefall freizuhalten.
In der Regel sei vielmehr eine wöchentliche Reinigung ausreichend. Bei geringerer Verkehrsbedeutung seien auch größere Abstände zulässig.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hatte eine solche Reinigung im Bereich der Unfallstelle zudem sechs Tage vor dem Sturz des Klägers stattgefunden. Das Gericht war daher davon überzeugt, dass die Gemeinde ihrer Verkehrssicherungs-Pflicht in ausreichendem Maße nachgekommen war.
Sorgfaltswidriges Verhalten
Doch selbst wenn der Gemeinde eine Pflichtverletzung hätte nachgewiesen werden können, wäre sie nach Auffassung der Richter dem Kläger gegenüber nicht verpflichtet gewesen, Schadenersatz und Schmerzensgeld zu zahlen. Denn ein Verkehrsteilnehmer müsse generell damit rechnen, dass sich unter auf dem Boden liegendem Laub Hindernisse verbergen können.
Wer eine laubbedeckte Fläche ohne nähere Prüfung begehe oder befahre, statt sie zu meiden oder besondere Vorsicht walten zu lassen, beachtet nicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt. Insbesondere im Bereich von Kreuzungen und Einmündungen müsse immer mit Bordsteinkanten gerechnet werden.
Ein Fahrradfahrer handele daher in besonderem Maße sorgfaltswidrig, wenn er in derartigen Bereichen blindlings weiterfahre, ohne sich über mögliche Gefahren zu vergewissern.
Nicht blindlings vertrauen
Der Kläger habe auch nicht darauf vertrauen dürfen, dass der Radweg im Kreuzungsbereich gerade und nicht versetzt weiter verlaufen werde.
„Denn wer als Radfahrer nicht erkennen kann, wo der von ihm befahrene Weg verläuft, der darf nicht blindlings darauf vertrauen, dass der Weg dort sein wird, wo er es annimmt“. Er muss vielmehr „gegebenenfalls absteigen, ausweichen oder auf langsames Schritttempo herunterbremsen, um sich über die Straßenverhältnisse zu vergewissern“, heißt es dazu abschließend in der Begründung des Beschlusses des Bremer Oberlandesgerichts.
(Quelle VersicherungsJournal 28.11.2018)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
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