05.11.2018
Wenn eine Hörgeschädigte kein Gehör findet

Im Bereich des mittelbaren Behinderungsausgleichs haben gesetzlich Krankenversicherte nur in Ausnahmefällen einen Anspruch auf Leistungen ihres Versicherers. Das hat das Sozialgericht Stuttgart mit Urteil vom 24. Januar 2018 entschieden (S 9 R 3390/16).
Geklagt hatte eine Frau, die an einer Hörschädigung beider Ohren leidet. Für das linke Ohr nutzt sie ein klassisches Hörgerät, für das offenbar stärker geschädigte rechte Ohr ein sogenanntes Cochlear-Implantat.
Die Kosten für die Anschaffung beider Geräte waren von ihrem gesetzlichen Krankenversicherer übernommen worden. Mit ihrer Hilfe konnte die Klägerin ausreichend im unmittelbaren Nahgespräch hören.
Schwierigkeiten bei erschwerten Bedingungen
Schwierig wurde es jedoch beim Hören und Verstehen in größeren Gruppen und Räumen sowie bei undeutlichem Sprechverhalten in ihrem Umfeld. Die Klägerin beantragte daher bei ihrer Krankenkasse die Übernahme der Anschaffungskosten für eine drahtlose Signal-Übertragungsanlage. Mit einer derartigen Anlage werde nämlich ihr Hörvermögen nochmals deutlich verbessert.
Der Krankenversicherer lehnte den Antrag ab. Er war der Meinung, dass die Versicherte mit den von ihm finanzierten Geräten ausreichend versorgt sei. Ein weiterer Anspruch bestehe nicht.
Dem schloss sich das Stuttgarter Sozialgericht an. Es wies die Klage der Frau wegen des ablehnenden Bescheids ihres Versicherers als unbegründet zurück.
Kein weitergehender Anspruch
Nach Ansicht des Gerichts ist das Grundbedürfnis des Hörens der Klägerin mit der Versorgung durch das Hörgerät sowie des Implantats im Rahmen des unmittelbaren Behinderungsausgleichs ausreichend erfüllt worden.
Ein Leistungsanspruch auf einen mittelbaren Behinderungsausgleich bestehe nämlich nur in Ausnahmefällen. Das trifft zu, „beispielweise bei Kindern zum Spracherwerb oder zur Teilnahme am Schulunterricht in einer Regelschule sowie falls durch Hilfsmittel des unmittelbaren Behinderungsausgleichs das Grundbedürfnis des Hörens nicht ausreichend befriedigt werden kann“, so das Gericht.
Kein weitergehender Anspruch
Ein Anspruch auf ein „Gleichziehen“ mit Hörgesunden auch bei akustisch erschwerten Bedingungen besteht nach Ansicht des Gerichts in Fällen wie denen der Klägerin hingegen nicht.
Es komme auch keine Gewährung zulasten der Rentenversicherung in Betracht. Denn der Arbeitsplatz der Klägerin erfordere keine besonderen, über das normale Maß hinausgehenden Anforderungen an ihr Hörvermögen.
(Quelle VersicherungsJournal 07.08.2018)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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