22.10.2018
Wenn ein dringendes menschliches Bedürfnis 1.800 Euro kostet

Ein Fahrzeugführer handelt grob fahrlässig, wenn er einen Mietwagen im Bereich eines Gefälles nicht doppelt gegen Wegrollen sichert. Das geht aus einem am Montag veröffentlichten Beschluss des Landgerichts Hildesheim vom 13. Juni 2018 hervor (1 S 17/18).
Der Entscheidung lag der Fall eines Mannes zugrunde, der bei einem Mietwagenunternehmen einen Personenkraftwagen gemietet hatte.
Für den Fall, dass das Fahrzeug durch den Mieter beschädigt werden sollte, war eine Haftungsbeschränkung von 500 Euro vereinbart. Das sollte allerdings nicht in Fällen einer grob fahrlässigen Herbeiführung eines Schadens gelten. In diesen Fällen sollte der Mieter gegebenenfalls uneingeschränkt haften.
Unzureichende Sicherung
Eine Stunde nach Fahrtantritt fuhr der Mieter wegen eines „dringenden menschlichen Bedürfnisses“ von der Autobahn ab. Kurz darauf parkte er das Fahrzeug im Bereich eines Gefälles, um sein Geschäft zu verrichten.
Dabei unterließ er es, das Auto sowohl durch Einlegen des ersten Ganges, als auch durch Betätigung der Feststellbremse gegen Wegrollen abzusichern. Das hatte zur Folge, dass es gegen einen Torpfeiler rollte und beschädigt wurde.
Niederlage in zwei Instanzen
Die Reparaturkosten in Höhe von rund 1.800 Euro machte der Autovermieter in voller Höhe gegenüber dem Mieter geltend. Zur Begründung berief er sich darauf, dass dieser den Schaden grob fahrlässig verursacht habe.
In dem sich anschließenden Rechtsstreit bestritt der Mieter des Fahrzeugs, grob fahrlässig gehandelt zu haben. Zu der nicht ausreichenden Sicherung des Mietwagens sei es deswegen gekommen, weil ihm dieser nicht ausreichend vertraut gewesen sei.
Wegen seines „dringenden menschlichen Bedürfnisses“ sei außerdem Eile geboten gewesen. Der Vorwurf grober Fahrlässigkeit sei auch aus diesem Grund nicht gerechtfertigt. Seine Haftung für den Schaden beschränke sich folglich auf die vertraglich vereinbarten 500 Euro.
Objektiv schwerwiegender Pflichtverstoß
Doch dem wollten sich die Richter des Hildesheimer Landgerichts nicht anschließen. Sie wiesen die Berufung des Mieters gegen ein Urteil der ersten Instanz, das der Klage des Vermieters stattgegeben hatte, als unbegründet zurück.
Nach Ansicht des Gerichts ist angesichts der unterlassenen doppelten Sicherung des abgestellten Fahrzeugs mittels Handbremse und Einlegen des ersten Ganges bei Gefälle von einem „objektiv schwerwiegenden Pflichtverstoß“ des Beklagten auszugehen. Dieser rechtfertige den Vorwurf grober Fahrlässigkeit.
Zur Sorgfalt verpflichtet
Der Beklagte könne sich nicht mit dem Argument entlasten, nicht ausreichend mit dem Mietwagen vertraut gewesen zu sein. Denn er hätte sich vor Fahrtantritt mit der Funktionsweise des Fahrzeugs vertraut machen können. Er habe außerdem über die Beschaffenheit des Abstellorts wissen und die üblichen Vorkehrungen gegen das Wegrollen des Autos treffen müssen. Das sei nicht geschehen.
Dass der Beklagte einem „dringenden menschlichen Bedürfnis“ nachgegangen sei, sei im Übrigen kein Grund, den Sorgfaltsmaßstab zu seinen Gunsten zu verschieben. Nach Meinung der Richter ist er dem Mietwagenunternehmen daher in vollem Umfang zum Schadensersatz verpflichtet. Die Entscheidung ist inzwischen rechtskräftig.
(Quelle VersicherungsJournal 01.08.2018)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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