Kinder haften nicht für Beschädigungen an geparkten Fahrzeugen, wenn sie den Schaden in Folge einer altersgemäß falschen Einschätzung der Gefahren, die im Straßenverkehr bestehen, verursacht haben. Das hat das Amtsgericht München mit einem erst kürzlich veröffentlichten Urteil vom 11. Dezember 2017 entschieden (345 C 13556/17).
Der Entscheidung lag der Fall eines Siebenjährigen zugrunde, der sowohl sein, als auch ein seiner älteren Schwester gehörendes Kickboard nach Hause bringen wollte.
Langer Kratzer am Pkw
Die Boards an beiden Händen führend, wollte er eine Straße in einem Wohngebiet überqueren. Auf der war die Geschwindigkeit auf 30 km/h begrenzt. Beim Überqueren musste der Junge einem ausparkenden Personenkraftwagen ausweichen, der unmittelbar danach an dem Jungen vorbeifuhr.
Durch dieses Verkehrsgeschehen war er offenkundig überfordert. Er machte sich spontan schmal, um dem Auto auszuweichen. Dabei blieb er jedoch mit dem Lenker eines der Kickboards an einem geparkten Auto hängen. Dadurch entstand ein längerer Kratzer am Lack des Fahrzeugs.
Der Halter des Pkw verklagte die Eltern des Kindes auf Zahlung von Schadenersatz. Doch damit hatte er keinen Erfolg.
Typische Überforderungssituation
In seiner Urteilsbegründung verwies das Münchener Amtsgericht den Kläger auf § 828 BGB. Hier heißt es: „Wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich.
Wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat.“
Nach Ansicht des Gerichts habe der Gesetzgeber mit diesem Gesetz Kinder dieses Alters in denjenigen Fällen von der Haftung freistellen wollen, in denen sich eine typische Überforderung des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Straßenverkehrs realisiert hat.
Rechtskräftig
Zwar habe der Bundesgerichtshof in einem Urteil bejaht, das Kinder bei der Beschädigung geparkter Fahrzeuge haften. Denn im ruhenden Verkehr verwirklichten sich gerade nicht die besonderen von Kraftfahrzeugen ausgehenden Gefahren, die ein Kind überfordern könnten. Diese Ausnahmeregelung sei jedoch auf den Fall des Siebenjährigen nicht anwendbar.
Denn zu dem Schadenereignis sei es gekommen, weil er einem anderen fahrenden Kraftfahrzeug ausgewichen sei. „Die Fähigkeit, Entfernungen und Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen und sich entsprechend dieser Gefahren zu verhalten, war vorliegend relevant, anders als bei einem Unfall allein im ruhenden Verkehr“, so das Gericht. Der Kläger geht daher leer aus.
Nach Zurückweisung der durch den Kläger eingelegten Berufung ist das Urteil rechtskräftig.
(Quelle VersicherungsJournal 06.07..2018)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
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