Ein bei einem Unfall beschädigter Neuwagen gilt haftungsrechtlich nur dann als Neufahrzeug, wenn die Erstzulassung nicht länger als einen Monat zurückliegt und die Fahrleistung zum Zeitpunkt des Schadenereignisses nicht mehr als 1.000 Kilometer beträgt. Das hat das Oberlandesgericht Hamm mit zwei Beschlüssen vom 10. April 2018 beziehungsweise 29. Mai 2018 entschieden (9 U 5/18) und damit ein Urteil der Vorinstanz bestätigt.
Die Luxuslimousine der Klägerin war am 22. Juni 2016 erstmals zugelassen worden. Sie wurde sechs Wochen später bei einem durch einen anderen Autofahrer verursachten Unfall schwer beschädigt.
Das Auto wurde von der Klägerin zu einem Preis von 92.400 Euro erworben. Ein Sachverständiger schätzte dessen Wiederbeschaffungswert auf 80.250 Euro und den Restwert auf 55.090 Euro. Zu diesem Restwert veräußerte die Klägerin das Fahrzeug. Sie erwarb anschließend zu einem Preis von 92.800 Euro einen neuen Personenkraftwagen gleichen Typs.
Abrechnung auf Neuwagenbasis?
Der Versicherer des Unfallverursachers ersetzte der Klägerin die Differenz zwischen dem von dem Sachverständigen ermittelten Wiederbeschaffungs- und dem Restwert. Doch das reichte ihr nicht aus.
Sie war der Meinung, dass der Schaden auf Neuwagenbasis abzurechnen sei. Der Versicherer habe ihr daher die Differenz zwischen dem Neupreis und dem Restwert zu zahlen. Das begründete die Klägerin mit der zum Zeitpunkt des Unfalls geringen Laufleistung des Autos sowie der Tatsache, dass es bei dem Schadenereignis gerade mal sechs Wochen alt gewesen sei.
Bei dem Unfall seien in erheblicher Weise tragende Teile beschädigt worden. Das Fahrzeug habe daher selbst nach einer fachgerechten Reparatur nicht mehr als neuwertig angesehen werden können. Mit ihrer Klage forderte sie daher die Zahlung des ihr von dem Versicherer vorenthaltenen Differenzbetrages.
Nicht erfüllte Voraussetzungen
Dieser Argumentation vermochte weder das in erster Instanz mit dem Fall befasste Bielefelder Landgericht noch das von der Klägerin in Berufung angerufene Hammer Oberlandesgericht zu überzeugen. Beide Gerichte wiesen die Klage auf Zahlung eines weiteren Betrages als unbegründet zurück.
Nach Ansicht der Richter hätte der Klägerin nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur dann ein Anspruch auf eine Abrechnung auf Neuwagenbasis gehabt, wenn die Fahrleistung ihres Fahrzeugs maximal 1.000 Kilometer betragen und die Erstzulassung nicht länger als einen Monat zurückgelegen hätte.
Es sei jedoch weder die eine noch die andere Voraussetzung erfüllt gewesen. Denn zum Zeitpunkt des Unfalls habe die Kilometerleistung knapp 3.300 betragen. Außerdem sei die Erstzulassung bereits sechs Wochen vor dem Schadenereignis erfolgt.
Eine Abrechnung auf Neuwagenbasis sei folglich trotz des erheblichen Schadens nicht gerechtfertigt. Der Versicherer habe der Klägerin daher zu Recht nur die Differenz zwischen dem Wiederbeschaffungswert und dem Restwert des Fahrzeugs ersetzt.
(Quelle VersicherungsJournal (02.07.2018)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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