Ein Arzt, der einem Beschäftigten nach einer Operation im Rahmen einer beruflichen Wiedereingliederung eine bestimmte Art von Belastung erlaubt, ist zur Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld verpflichtet, wenn seine Empfehlung fehlerhaft war. Das geht aus einem Urteil des Landgerichts Koblenz vom 25. Januar 2018 hervor (1 O 359/16).
Der als Lagerist tätige Kläger hatte sich einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen, der operativ durch das Einbringen von Schrauben versorgt werden musste.
Nachdem nach dreieinhalb Monaten die Schrauben entfernt worden waren, erstellte der Arzt des bis dahin krankgeschriebenen Klägers sechs Wochen nach dem Eingriff auf Basis einer Röntgenuntersuchung einen Wiedereingliederungs-Plan. Dieser sah in der ersten Stufe eine tägliche Arbeitszeit von vier Stunden bei einer maximalen Belastung von 40 Kilogramm vor.
Starke Schmerzen
Kurz nach der Wiedereingliederung musste der Kläger seine beruflichen Aktivitäten abbrechen. Grund waren starke Schmerzen im Bereich der Fraktur. Eine Untersuchung ergab, dass sich der Bruch des Oberschenkelhalses verschoben hatte und der Hüftknochen geschädigt worden war.
Dafür machte der Kläger seinen Arzt verantwortlich. Er warf ihm vor, dass die Schädigung seiner Hüfte auf einen Fehler in dem Wiedereingliederungs-Plan zurückzuführen sei. Denn dieser habe zu früh eine zu hohe Belastung vorgesehen. Der Lagerist verklagte den Arzt daher auf Zahlung von Schadenersatz sowie eines Schmerzensgeldes.
Mit Erfolg: Das Koblenzer Landgericht gab der Klage, wenn auch im Hinblick auf das Schmerzensgeld nicht in der geforderten Höhe, statt.
Fehlerhafte Diagnose
Der beklagte Arzt hatte vorgebracht, dass eine Oberschenkelhalsfraktur in der Regel innerhalb von fünf Monaten verheile und nicht sein Wiedereingliederungs-Plan, sondern das zu frühe Entfernen der Schrauben durch das Krankenhaus Grund für das Desaster des Klägers ist. Dieser Argumentation schlossen sich die Richter nicht an.
Nach Befragung eines medizinischen Sachverständigen kamen sie vielmehr zu dem Ergebnis, dass der Arzt eine fehlerhafte Diagnose erstellt hatte. Auf Basis der angefertigten Röntgenbilder sei nämlich die Empfehlung, der Kläger könne wieder Lasten bis zu 40 Kilogramm heben, falsch gewesen. Denn auf den Bildern habe man eine fehlende Heilung des Knochenbruchs wahrnehmen können. Die Bruchstelle sei zu dieser Zeit erkennbar noch nicht hinreichend fest gewesen.
Schmerzensgeld von 5.000 Euro
Nach Überzeugung des Gerichts wäre es zwar auch bei einer korrekten Diagnose letztlich nicht zu verhindern gewesen, dass dem Kläger in absehbarer Zeit ein künstliches Hüftgelenk hätte eingesetzt werden müssen. Nach Auswertung der Röntgenbilder hätte der beklagte Arzt den Kläger aber sofort wieder ins Krankenhaus einweisen müssen, anstatt ihn zur Arbeit zu schicken. Dann wären ihm erhebliche Schmerzen erspart geblieben.
Angesichts dieser Umstände hielten die Richter die Zubilligung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 5.000 Euro (der Kläger hatte 16.000 Euro gefordert) für gerechtfertigt. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
(Quelle VersicherungsJournal 19.03.2018)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de