Ein Ehegatte darf eine von seinem Ehepartner für das Familienfahrzeug abgeschlossene Vollkaskoversicherung auch ohne dessen Vollmacht kündigen. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 28. Februar 2018 entschieden (XII ZR 94/17).
Die Klägerin hatte bei dem beklagten Versicherer für ein auf ihren Ehemann zugelassenes Fahrzeug eine Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung abgeschlossen. Das Auto wurde als Familienauto genutzt.
Offenkundig um Geld zu sparen, kündigte der Mann die Vollkaskoversicherung zum 1. Januar 2015. Daraufhin erstellte der Versicherer einen Versicherungsschein, in dem die Vollkaskoversicherung nicht mehr enthalten war.
Fehlende Vollmacht
Die Kündigung sollte sich jedoch als Fehler erweisen. Denn im Oktober des selben Jahres wurde das Auto bei einem selbst verschuldeten Unfall erheblich beschädigt. Die Reparaturkosten beliefen sich auf mehr als 12.600 Euro netto.
Die weiterhin als Versicherungsnehmerin im Versicherungsschein eingetragene Klägerin nahm den Unfall zum Anlass, die Kündigung der Vollkaskoversicherung kurzerhand zu widerrufen und den Versicherer für den Unfallschaden in die Pflicht zu nehmen.
Das begründete sie damit, dass ihr Ehemann nicht dazu berechtigt gewesen sei, die Versicherung zu kündigen. Denn dazu hätte es ihrer Vollmacht bedurft. Eine solche habe sie ihm nicht erteilt.
Keine generelle gesetzliche Vertretungsmacht, aber …
Dieser Argumentation wollten sich jedoch weder die Vorinstanzen, noch der von der Klägerin in Revision angerufene Bundesgerichtshof anschließen. Die Gerichte wiesen die Forderung der Klägerin, den Versicherungsvertrag auf den Stand vor dem 1. Januar 2015 zurückzusetzen und den Vollkaskoschaden unter Abzug der seinerzeit vereinbarten Selbstbeteiligung von 300 Euro zu regulieren, als unbegründet zurück.
Zur Begründung beriefen sich sämtliche Instanzen auf § 1357 BGB. Danach ist nämlich jeder Ehegatte dazu berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu tätigen, ohne dass es einer Vollmacht bedarf. Das gilt nach Ansicht der Richter auch für den Abschluss und die Kündigung einer Vollkaskoversicherung.
Das Bürgerliche Gesetzbuch kenne zwar keine generelle gesetzliche Vertretungsmacht unter Ehegatten. Die von dem Ehemann der Klägerin ausgesprochene Kündigung der Vollkaskoversicherung sei jedoch trotz allem wirksam gewesen und habe auch nicht von seiner als Versicherungsnehmerin eingetragenen Ehefrau zurückgenommen werden können.
Ausreichender Bezug zum Familienunterhalt
Denn bei dem Abschluss beziehungsweise der Kündigung eines Vollkaskoversicherungs-Vertrages für ein Familienfahrzeug liege ein ausreichender Bezug zum Familienunterhalt im Sinne von § 1357 BGB vor. Das ergebe sich in dem entschiedenen Fall auch aus der Höhe der für den Vertrag zu zahlenden Monatsprämie von rund 145 Euro. Diese bewege sich im Hinblick auf die Vertretungsmacht noch in einem angemessenen Rahmen.
Nach Ansicht der Richter war daher weder eine Verständigung der Ehegatten bei Abschluss, noch bei Kündigung des Vertrages erforderlich, und zwar unabhängig davon, wer von beiden als Versicherungsnehmer galt.
(Quelle VersicherungsJournal 01.03.2018)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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