Wenn man ein fremdes geparktes Fahrzeug beiseite rollt und dadurch ein Schaden entsteht, so kann man dafür keine Leistungen von seinem Privathaftpflicht-Versicherer beanspruchen. Das geht aus einem Urteil des Amtsgerichts Saarlouis vom 24. Juli 2017 hervor (28 C 250/17).
Die Klägerin hatte bei dem beklagten Versicherer eine Privathaftpflicht-Versicherung abgeschlossen. Mitversichert war ihr Ehemann. Am Schadentag hatte eine Freundin das Paar besucht und ihren Personenkraftwagen auf dem Grundstück der beiden neben einem Anhänger abgestellt.
Die vergessene Handbremse
Als der Ehemann der Klägerin einige Zeit später den Anhänger beladen wollte, stand ihm das Auto der Freundin im Weg. Da es unverschlossen und das Seitenfenster geöffnet war, beugte er sich kurzerhand in das Fahrzeug, löste die Handbremse und schob es einige Zentimeter nach vorne.
Dabei vergaß er, die Handbremse wieder anzuziehen. Das hatte zur Folge, dass das Auto auf dem abschüssigen Grundstück rückwärts Richtung Straße rollte und erst durch eine Mauer eines Nachbarn gebremst wurde. An der entstand, ebenso wie an dem Auto selbst, ein Schaden von jeweils deutlich über 4.000 Euro.
Der Schaden an der Mauer wurde zwar von dem Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer der Freundin bezahlt. Wegen des Schadens an ihrem Fahrzeug wollte sie jedoch den Ehemann der Klägerin in Anspruch nehmen. Dieser sollte außerdem den Schaden wegen des teilweisen Verlustes ihres Schadenfreiheits-Rabattes ausgleichen.
Führer des Personenkraftwagens
Die Klägerin meldete den Vorfall ihrem Privathaftpflicht-Versicherer. Der verweigerte jedoch die Leistungsübernahme. Denn Schäden, die beim Gebrauch eines Kraftfahrzeugs entstehen, seien nicht Gegenstand der Versicherung. Den Einwand der Klägerin, dass der Motor des Autos nicht gestartet und es von ihrem Mann nur wenige Zentimeter nach vorne geschoben wurde, hielt den Versicherer nicht davon ab, bei seiner ablehnenden Haltung zu bleiben.
Zu Recht, urteilte das Amtsgericht Saarlouis. Es wies die Klage der Versicherten gegen ihren Versicherer als unbegründet zurück.
Nach Überzeugung des Gerichts war der Ehemann der Klägerin Führer des Personenkraftwagens der Freundin, als er die Handbremse löste und ihn nach vorne schob, um Platz für seinen Fahrzeuganhänger zu schaffen. Denn der Umstand, dass der Motor des Autos nicht gestartet wurde, schließe die Führereigenschaft nicht zwingend aus.
Tatsächliche Herrschaft
„Auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist es im Haftpflichtrecht anerkannt, dass Führer eines Kraftfahrzeuges derjenige sein kann, der bei ausgeschaltetem Motor lenkt, seine maschinellen Einrichtungen (Bremsen u. Ä.) bedient und auf diese Weise die tatsächliche Gewalt über das Fahrzeug ausübt“, so das Gericht in seiner Urteilsbegründung. Auf die Länge der zurückgelegten Strecke komme es für die Feststellung, ob jemand ein Kraftfahrzeug geführt hat oder nicht, dabei nicht an.
Der Ehemann der Klägerin habe nach dem Lösen der Handbremse die tatsächliche Herrschaft über das Fahrzeug übernommen. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass sich das Schadenereignis beim nicht unter den Deckungsschutz einer Privathaftpflicht-Versicherung fallenden Gebrauch eines Fahrzeugs ereignet habe.
Selbst wenn sich der Mann der Klägerin schon nicht mehr im unmittelbaren Bereich des Autos befunden haben sollte, als es sich ungewollt rückwärts in Bewegung setzte, könne der Versicherer der Klägerin nicht in Anspruch genommen werden.
Denn die Eigenschaft als Fahrzeugführer gilt nach Ansicht des Gerichts so lange, wie sich ein Fahrzeug noch in Betrieb befindet. Davon müsse in dem entschiedenen Fall ausgegangen werden. Denn das Auto wurde abgestellt, ohne dass es durch Betätigung der Handbremse gesichert wurde.
(Quelle VersicherungsJournal 12.12.2017)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de