12.03.2018
Keine Gnade mit volltrunkenen Fahrern

Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an, ob sich ein Autofahrer, der in volltrunkenem Zustand einen Unfall verursacht, auf Schuldunfähigkeit berufen kann, um so Regressansprüchen seines Versicherers zu entgehen. Das geht aus einem Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 8. September 2017 hervor (9 O 197/16).
Die Beklagte hat Anfang April 2015 mit ihrem bei der Klägerin haftpflichtversicherten Personenkraftwagen einen Verkehrsunfall verursacht, bei welchem erheblicher Sachschaden entstanden ist. Sie entfernte sich anschließend zu Fuß vom Unfallort.
Die Frau wurde kurz darauf von Polizeibeamten in ihrer Wohnung angetroffen. Ein für das eingeleitete Strafverfahren eingeholtes rechtsmedizinisches Gutachten ergab für den Zeitpunkt des Unfalls eine Blutalkohol-Konzentration von 3,27 Promille.
Zustand der Schuldunfähigkeit
Der Versicherer der Beklagten regulierte zwar den Fremdschaden in Höhe von weit mehr als 10.000 Euro. Er wollte sie jedoch anschließend sowohl wegen ihrer Fahrt in alkoholisiertem Zustand, als auch wegen der Verkehrsunfallflucht in Höhe von 5.000 beziehungsweise 2.500 Euro in Regress nehmen.
Die Beklagte hielt die Forderung für ungerechtfertigt. Angesichts ihrer erheblichen Alkoholisierung, die auf einen schlimmen, nicht verkrafteten Vorfall in ihrer Familie am Tattag zurückzuführen sei, habe sie sich in einem Zustand der Schuldunfähigkeit befunden. Sie könne daher nicht in Regress genommen werden.
Vorsätzliche Obliegenheitsverletzung
Doch dem wollte sich das Düsseldorfer Landgericht nicht anschließen. Es gab der Klage des Versicherers auf Zahlung von insgesamt 7.500 Euro statt.
Die Richter sahen es als erwiesen, dass die Versicherte sowohl vor als auch nach dem Eintritt des Versicherungsfalls vorsätzlich ihre vertraglichen Obliegenheiten verletzt hat. Die Regressforderung des Versicherers sei daher gerechtfertigt.
Die Versicherte könne sich nicht auf Schuldunfähigkeit berufen. Denn nach Aussage des Sachverständigen könne allenfalls von einer erheblichen Minderung ihrer Steuerungsfähigkeit ausgegangen werden.
Keine Aufhebung der Steuerungsfähigkeit
Sie habe sich trotz ihrer erheblichen Alkoholisierung bei der kurz nach dem Unfall durchgeführten Blutabnahme situationsadäquat verhalten und sei bei klarem Bewusstsein gewesen. Es hätten sich auch keine Hinweise auf eine Einschränkung ihrer Einsichtsfähigkeit ergeben.
Nach Ansicht der Richter liegen auch keinerlei Anzeichen dafür vor, dass die Beklagte Maßnahmen getroffen hat, um zu verhindern, sich an das Steuer ihres Fahrzeuges zu setzen – obwohl sie wusste, dass sie alkoholische Getränke zu sich nehmen werde.
Es könne daher nicht von einer Aufhebung ihrer Steuerungsfähigkeit ausgegangen werden, so dass sie von ihrem Versicherer in Regress genommen werden könne.
(Quelle VersicherungsJournal 16.11.2017)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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