15.01.2018
Nutzungsausfall – Rechtsstreit um 370 Euro

Auch wenn es für einen Geschädigten offenkundig ist, dass sein Fahrzeug bei einem Unfall einen Totalschaden erlitten hat, so ist bei der Berechnung der Nutzungsausfall-Entschädigung jener Zeitraum mit zu berücksichtigen, bis zu dem er das Gutachten erhalten hat. Dem Geschädigten ist anschließend außerdem eine angemessene Überlegungsfrist zuzubilligen. Das geht aus einem Urteil des Amtsgerichts Tettnang vom 20. Juni 2017 hervor (3 C 162/17).
Der Kläger war mit seinem Personenkraftwagen in einen Verkehrsunfall verwickelt worden. Zwischen den Beteiligten bestand zwar Einigkeit in der Frage, dass der Unfallgegner allein für den Unfall verantwortlich war. Streit gab es jedoch über die Höhe des zu erstattenden Ausfallschadens.
Angemessene Überlegungsfrist
Angesichts des Schadenumfangs war nach Ansicht des Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherers des Unfallverursachers auch für den Unfallgeschädigten offenkundig, dass sein Fahrzeug einen Totalschaden erlitten hatte. Deshalb war der Versicherer der Meinung, dass sich dieser in Erfüllung seiner Schadenminderungs-Pflicht gemäß § 254 Absatz 2 BGB unverzüglich um ein Ersatzfahrzeug hätte bemühen müssen.
Das wurde von dem Kläger in Abrede gestellt. Nach seiner Rechtsauffassung begann nämlich die von dem Sachverständigen festgestellte Wiederbeschaffungsdauer von 14 Kalendertagen erst mit dem Tag der Überlassung des Gutachtens zu laufen. Es sei ihm außerdem eine angemessene Überlegungsfrist zuzugestehen, sodass ihm eine Nutzungsausfall-Entschädigung für die Dauer von 28 Tagen zustehe.
Dem schloss sich das Tettnanger Amtsgericht an. Es gab der Klage in vollem Umfang statt.
Fehlende Entscheidungsgrundlage
Nach Ansicht des Gerichts kann es dahingestellt bleiben, ob es für den Geschädigten offenkundig war, dass sein Fahrzeug einen Totalschaden erlitten hatte. Für seine Überlegungen hinsichtlich der Anschaffung eines Ersatzfahrzeuges sowie einer dadurch notwendigen Finanzierung habe er nämlich wissen müssen, wie hoch der Restwert seines verunfallten Personenkraftwagens war. Den habe er jedoch erst nach Empfang des Gutachtens erfahren.
Bei der Entscheidung für die Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs habe dem Kläger darüber hinaus eine Überlegungsfrist hinsichtlich des ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Rahmens zugebilligt werden müssen.
Unter Berücksichtigung der Umstände des entschiedenen Falls hielt das Gericht die Zahlung einer Nutzungsausfall-Entschädigung für die Dauer von insgesamt 28 Kalendertagen für angemessen. Neben den bereits von ihm gezahlten 368 Euro für die Dauer von 14 Tagen muss ihm der gegnerische Versicherer daher weitere 368 Euro zahlen.
(Quelle VersicherungsJournal 24.10.2017)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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