25.09.2017
Haftungsfrage nach Zusammenstoß auf Supermarktparkplatz

Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls an, ob der gegen einen rückwärtsfahrenden Autofahrer sprechende Anscheinsbeweis dazu ausreicht, ihm die alleinige Schuld an einem Unfall aufzubürden. Das geht aus einem kürzlich bekannt gewordenen Urteil des Amtsgerichts Frankenthal vom 5. August 2016 hervor (3a C 143/16).
Der Kläger wollte mit seinem Personenkraftwagen vorwärts in eine freie Parkbucht eines Supermarktparkplatzes fahren, als er mit dem Fahrzeug des Beklagten kollidierte. Dieser war zum Zeitpunkt des Unfalls in Begriff, rückwärts aus einer gegenüberliegenden Parkbucht auszuparken.
Keine weiteren Ansprüche
Der Beklagte behauptete, langsam rückwärts gefahren zu sein und sein Fahrzeug zum Stehen gebracht zu haben, als er den Pkw des Klägers wahrnahm. Dieser habe jedoch einen Bogen gemacht, um besser in die freie Parkbucht einfahren zu können. Dabei sei er aus Unachtsamkeit mit seinem Auto kollidiert, welches nur wenige Zentimeter in die Fahrbahn des Parkplatzes hineingeragt habe.
Der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer des Beklagten hielt beide Beteiligten zu gleichen Teilen für den Unfall verantwortlich. Er erklärte sich daher außergerichtlich dazu bereit, sich zur Hälfte an den unfallbedingten Aufwendungen des Klägers zu beteiligen. Der hielt sich jedoch für gänzlich unschuldig und zog vor Gericht. Dort verlangte er den vollständigen Ersatz seines Schadens.
Ohne Erfolg. Das Frankenthaler Amtsgericht gelangte zu der Einschätzung, dass dem Beklagten keine weitergehenden Ansprüche zustehen.
Nicht aufzuklären
Das Gericht zeigte sich nach Anhörung eines Sachverständigen davon überzeugt, dass der Unfallhergang nicht aufzuklären ist. Zwar spreche der Beweis des ersten Anscheins beim rückwärtigen Ausparken aus einer Parkfläche für eine schuldhafte Unfallverursachung des Rückwärtsfahrenden. Das gelte nach höchstrichterlicher Rechtsprechung jedoch nur dann, wenn sich eine Kollision tatsächlich beim Rückwärtsfahren ereigne.
Der Beklagte hatte jedoch behauptet, dass er sein Fahrzeug zum Zeitpunkt der Kollision zum Stillstand gebracht hatte. Das Gegenteil vermochte der Kläger nicht zu beweisen, zumal er an einige wesentliche Details des Unfalls keine Erinnerung hatte. So konnte er zum Beispiel keine sicheren Angaben dazu machen, ob er gebremst hatte, um den Unfall zu vermeiden.
Schadenteilung
Der mit dem Fall befasste Sachverständige bestätigte zwar, dass der Kläger mit Schrittgeschwindigkeit gefahren war. Er hielt es jedoch für möglich, dass das Fahrzeug des Beklagten, wie von diesem behauptet, stand, als es zu der Kollision kam. Es habe außerdem nur etwas mehr als 50 Zentimeter aus der Parklücke hinausgeragt. Eine weitere Aufklärung des Unfallgeschehens war dem Sachverständigen nicht möglich.
Das Gericht hielt daher unter Berücksichtigung der von den Fahrzeugen beider Beteiligten ausgehenden Betriebsgefahr sowie der Tatsache, dass das Unfallgeschehen nicht aufgeklärt werden konnte, die von dem Versicherer des Beklagten vorgenommene Schadenteilung für angemessen.
(Quelle VersicherungsJournal 24.07.2017)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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