Stößt ein vorbeifahrendes Fahrzeug gegen die Tür eines geparkten Autos, hat es zu einer Schadenteilung zu kommen, wenn nicht geklärt werden kann, wann die Tür geöffnet wurde. Das hat das Amtsgericht Frankental mit Urteil vom 1. September 2016 entschieden (3a C 176/16).
Die Klägerin war mit ihrem Personenkraftwagen bei Dunkelheit mit einer Geschwindigkeit von circa 50 km/h unterwegs, als sie die geöffnete Tür eines geparkten Fahrzeugs streifte.
Gegenseitige Beschuldigungen
Sie behauptete, die Tür erst durch den Anstoß bemerkt zu haben. Der Abstand zu dem geparkten Auto habe etwa 50 Zentimeter betragen. In dessen Innenraum habe kein Licht gebrannt. Den Unfall können sie sich nur so erklären, dass die Tür erst unmittelbar vor der Kollision geöffnet worden sei. Die Halterin des geparkten Fahrzeugs sei daher allein für die daraus entstandenen Schäden verantwortlich.
Die hingegen behauptete, dass sie ihr Fahrzeug ordnungsgemäß in einer Parkbucht rechts neben der Fahrbahn abgestellt habe. Nachdem sie sich versichert habe, dass von hinten kein Fahrzeug kommt, sei sie ausgestiegen und habe die hintere Tür leicht geöffnet, um ihre hinter dem Fahrersitz liegende Jacke herauszuholen.
In diesem Moment habe sie einen Luftzug verspürt, der durch den Anstoß des klägerischen Fahrzeugs gegen die Türkante entstanden sei. Zwischen dem Öffnen der Tür und der Kollision seien etwa 15 bis 20 Sekunden vergangen. Die Tür habe sie circa 20 Zentimeter weit geöffnet. Der Unfall sei daher ausschließlich auf die Unachtsamkeit der Klägerin zurückzuführen.
Fehlender Beweis
Der Versicherer der Beklagten ging von einem beiderseitigen Verschulden aus. Er beteiligte sich daher zur Hälfte an den unfallbedingten Aufwendungen der Klägerin. Das reichte dieser jedoch nicht aus. Sie zog daher vor Gericht. Dort erlitt sie eine Niederlage.
Kommt es in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Ein- beziehungsweise Aussteigen aus einem Fahrzeug zu einem Unfall, so spricht nach Ansicht des Gerichts zunächst einmal der Beweis des ersten Anscheins gegen den Fahrzeugführer des geparkten Fahrzeugs. Denn dieser habe sich gemäß § 14 Absatz 1 StVO so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.
In dem entschiedenen Fall sei es der Klägerin jedoch nicht gelungen, zu beweisen, dass sich der Unfall tatsächlich in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Öffnen der Tür ereignet habe.
Ein von ihr benannter Zeuge konnte nicht sagen, warum es zu der Kollision gekommen war. Er wusste auch nicht, ob die Innenleuchte des Fahrzeugs der Beklagten angewesen war. Einzig den von der Klägerin angegebenen Seitenabstand von 50 Zentimetern sowie ihre Angaben zur gefahrenen Geschwindigkeit vermochte er zu bestätigen.
Schadenteilung
Wenig ergiebig war auch die Aussage eines vom Gericht befragten Sachverständigen. Dieser konnte lediglich bestätigen, dass der Unfall bei aufmerksamer Fahrweise für die Klägerin zumindest dann zu vermeiden gewesen wäre, wenn die Tür, wie von der Beklagten behauptet, bereits mehrere Sekunden vorher geöffnet wurde.
Nach all dem hielt das Gericht die von dem Versicherer der Beklagten vorgenommene Haftungsverteilung von 50:50 für gerechtfertigt. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass in Fällen wie dem entschiedenen bei einem nicht ausreichenden Sicherheitsabstand grundsätzlich von einer Mithaftung eines Vorbeifahrenden auszugehen sei.
„Ein Seitenabstand von weniger als einem Meter ist jedenfalls dann zu gering, wenn auf dem Seitenstreifen neben der Fahrbahn ein Pkw mit geöffneter Fahrzeugtür steht, in den sich eine Fahrzeugführerin hineinbeugt, weil jederzeit mit einem weiteren Öffnen der Tür gerechnet werden muss“, heißt es dazu abschließend in der Urteilsbegründung.
(Quelle VersicherungsJournal 19.12.2016)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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