Kommt ein Radler auf einer schmalen Straße bei der Begegnung mit einem Auto zu Fall, ohne dass es zu einer Berührung gekommen ist, so hat der Radler zu beweisen, dass sich bei dem Sturz die Betriebsgefahr des Autos ausgewirkt hat. Das hat das Oberlandesgericht Hamm mit einem am Dienstag veröffentlichten Urteil vom 2. September 2016 entschieden (9 U 14/16).
Der Entscheidung lag der Fall einer seinerzeit 75-jährigen Fahrradfahrerin zugrunde, die mit ihrem Velo auf einer drei Meter breiten Straße unterwegs war.
Dabei kam ihr die Fahrerin eines 1,70 Meter breiten Personenkraftwagens entgegen. Offenkundig in Panik geraten, stürzte die Radlerin, und zwar noch bevor sie sich in Höhe des Autos befand. Dessen Fahrerin lenkte ihr Fahrzeug daraufhin nach rechts in einen Bewässerungsgraben. Zu einer Berührung des Autos mit dem Fahrrad beziehungsweise der Fahrradfahrerin kam es nicht.
Schwere Kopfverletzung
Bei dem Sturz erlitt die Fahrradfahrerin eine schwere Kopfverletzung, an welcher sie vier Monate später verstarb.
Der Kranken- und Pflegeversicherer der Verstorbenen hielt die Autofahrerin für den Unfall verantwortlich. Er verlangte daher von ihr beziehungsweise ihrem Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherer die Erstattung der von ihm aufgewendeten Behandlungs- und Pflegekosten.
Die regulierte der Kfz-Haftpflichtversicherer schließlich außergerichtlich zu einem Viertel. Doch das reichte dem Krankenversicherer nicht aus. Er zog daher wegen der Erstattung seiner restlichen Aufwendungen in Höhe von rund 30.000 Euro vor Gericht. Dort erlitt er eine Niederlage.
Fehlender Beweis
Nach Überzeugung des Hammer Oberlandesgerichts steht noch nicht einmal fest, ob sich bei dem Unfall die Betriebsgefahr des Personenkraftwagens ausgewirkt hat. Denn dazu hätte das Fahrzeug durch seine Funktion als Fortbewegungs- und Transportmittel den Unfall in irgendeiner Form mit beeinflusst haben müssen.
Rein theoretisch hätte zwar die Fahrweise der Autofahrerin zur Entstehung des Unfalls beitragen können. Dass das der Fall war, hätte nach Meinung der Richter aber durch die Klägerin bewiesen werden müssen. Diesen Beweis ist sie schuldig geblieben.
Im Übrigen reiche die bloße Anwesenheit eines in Betrieb befindlichen Fahrzeugs im Bereich einer Unfallstelle nicht aus, um eine Haftung aus dessen Betriebsgefahr zu begründen. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.
(Quelle VersicherungsJournal 17.11.2016)