07.11.2016
Streit mit dem Gebäudeversicherer um Wasserschaden

Wenn Wasser in einer Dusch- oder Wannenecke eines Hauses durch die Wand dringt, so liegt in der Regel ein bestimmungswidriger und unmittelbarer Austritt von Leitungswasser aus mit den Zu- oder Ableitungsrohren der Wasserversorgung verbundenen Einrichtungen vor. Das hat das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein mit einem kürzlich bekannt gewordenen Urteil vom 11. Juni 2015 entschieden (16 U 15/15).
Der Kläger hatte bei der Beklagten unter anderem eine Gebäudeleitungswasser-Versicherung abgeschlossen.
Verschlissene Fuge
Im Rahmen von Renovierungsarbeiten des im Erdgeschoss seines Hauses befindlichen Badezimmers bemerkte er beim Abschlagen der wandhohen Fliesen im Bereich der Badewanne Nässeschäden in der Wand. Als Ursache wurde ein altersbedingter Verschleiß einer dauerelastischen Fuge festgestellt.
Der Gebäudeversicherer bestritt, dass es sich um einen ersatzpflichtigen Leitungswasserschaden handelt. Er ging vielmehr von einem nicht versicherten Schaden durch Spritz- und Planschwasser aus. Die verschlissene Silikonfuge habe nicht die Ursache für die Durchfeuchtung der Wand sein können. Denn die habe sich 30 bis 40 Zentimeter oberhalb des Wannenrandes befunden.
Im Übrigen sei es durch die Feuchtigkeit zu einer nicht versicherten Schwammbildung gekommen. Der Versicherer lehnte es daher ab, den Schaden zu regulieren.
Mit dem Rohrsystem verbundene Einrichtung
Zu Unrecht, meinten die Richter des schleswig-holsteinischen Oberlandesgerichts. Sie gaben einer Berufung des Klägers gegen ein klageabweisendes Urteil der Vorinstanz statt, das sich der Argumentation des Versicherers angeschlossen hatte.
Für die Frage des Versicherungsschutzes sei es nicht von Belang, ob das Wasser durch die verschlissene Silikonfuge zwischen dem Badewannenrand und der Fliesenunterkante in die Wand eingedrungen oder durch die möglicherweise schon recht alten Fliesen in die Wand gelangt ist.
Denn bei einer Badewanne handele es sich ebenso wie bei einer Dusche um eine mit dem Rohrsystem verbundene Einrichtung, die in den Versicherungsschutz einer Gebäudeleitungswasser-Versicherung einbezogen sei.
Von den Erwartungen eines Versicherten
Ein durchschnittlicher Versicherter könne nämlich davon ausgehen, dass die Versicherung vor allen Gefahren schützen will, die für sein Haus dadurch geschaffen werden, dass in diesem für die täglichen Bedürfnisse Wasser benutzt wird. Dies gelte für Wasser, das in Zuleitungen einer Verbrauchsstelle zugeführt und in Ableitungen von dort wieder weggeführt wird.
„Er wird daher erwarten, dass das gesamte technische Standard-System, in dem sich planmäßig und geordneterweise die Benutzung von Wasser in seinem Haus zuträgt, gegen Schäden geschützt wird, die nässebedingt in der Umgebung dieser Nutzungsstellen auftreten können und auftreten“, so das Gericht.
In den Versicherungsschutz einbezogen seien daher nicht nur die Zu- und Ableitungsrohre selbst, sondern die Gesamtheit einer Dusche mit Kabine beziehungsweise einer Badewanne mit gefliesten Wänden. Denn diese seien als eine mit den Zu- beziehungsweise Ableitungsrohren der Wasserversorgung verbundene Einrichtung im Sinne der Versicherungs-Bedingungen zu verstehen.
Entwertung durch die Hintertür
Dem Einwand des Versicherers, dass es sich um einen nicht versicherten Schwammschaden gehandelt habe, wollten sich die Richter ebenfalls nicht anschließen. Denn allein der Umstand, dass sich aufgrund der länger anhaltenden Durchfeuchtung hier und da auch Schwamm gebildet hatte, könne den Ausschluss schlechterdings nicht rechtfertigen.
„Wäre es so, dass schon jedes Auftreten von Schwamm die Eintrittspflicht des Versicherers ausschließen könnte, würde der Versicherungsschutz gegen Leitungswasserschäden in nicht hinzunehmender Weise gleichsam durch die Hintertür entwertet“, heißt es dazu abschließend in der Urteilsbegründung.
Das Gericht sah keine Veranlassung, eine Revision zum Bundesgerichtshof zuzulassen.
(Quelle VersicherungsJournal 13.09.2016)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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