Bei einem Unfall mit einem im Ausland versicherten Kraftfahrzeug ist dem Versicherer in der Regel eine achtwöchige Regulierungsfrist einzuräumen, ehe auf dessen Kosten Klage eingereicht werden darf. Das geht aus einem Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 20. Juni 2016 hervor (13 T 3/16).
Der Kläger war mit seinem Personenkraftwagen Mitte September 2015 unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt worden. Unfallverursacher war der Fahrer eines in Portugal versicherten Lastkraftwagens.
Dessen Fahrer hatte sich gleich nach dem Unfall aus dem Staub gemacht, so dass sich der Kläger mit seinen Schadenersatz-Ansprüchen elf Tage später an das Deutsche Büro Grüne Karte e.V. wandte. Diesem gelang es, den ausländischen Versicherer zu ermitteln. Es teilte dem Kläger daraufhin die Kontaktdaten des inländischen Regulierungs-Beauftragten mit.
Geduldsfaden gerissen
Nach einem Schriftwechsel mit dem Beauftragten verlor der Kläger die Geduld. Nachdem ihm Mitte November noch immer keine Regulierungszusage erteilt worden war, reichte er Klage gegen den ausländischen Versicherer ein. Dieser erkannte die Forderungen kurz nach Zustellung der Klage im Rahmen des schriftlichen Vorverfahrens an.
Die Parteien erklärten daher den Rechtsstreit in der ersten Instanz übereinstimmend als erledigt. Doch damit war der Fall noch nicht abgeschlossen. Denn anschließend stritt man sich um die Frage, wer die Kosten des Verfahrens zu übernehmen habe.
Das Amtsgericht Homburg erlegte die Kosten des Rechtsstreits dem ausländischen Versicherer auf. Das begründete das Gericht damit, dass dieser den Rechtsstreit aller Voraussicht nach verloren hätte.
Fehlender Grund
Der Versicherer hielt die Entscheidung für falsch. Denn angesichts der Gesamtumstände habe er den Schaden fristgerecht reguliert. Der Kläger habe folglich keinen Grund zur Einreichung einer Klage gehabt.
Die Sache landete schließlich vor dem Saarbrücker Landgericht. Dort erlitt der Kläger eine Niederlage.
Den Richtern zufolge gibt eine Partei nur dann einen Anlass zur Klageerhebung, wenn ihr Verhalten vor dem Prozess aus der Sicht des Klägers bei vernünftiger Betrachtung hinreichend annehmen lässt, er werde ohne Inanspruchnahme der Gerichte nicht zu seinem Recht kommen. Davon könne in der entschiedenen Sache jedoch nicht ausgegangen werden.
Der einem Haftpflichtversicherer einzuräumende Prüfzeitraum betrage nämlich selbst bei durchschnittlichen Verkehrsunfallsachen mit einfachen Sachverhalten in der Regel vier bis sechs Wochen ab Zugang eines spezifizierten Anspruchsschreibens. Dies zeige sich auch in der Auffassung anderer Gerichte.
Acht Wochen Zeit
In dem entschiedenen Fall war die Zeit hinzuzurechnen, die das Deutsche Büro Grüne Karte für seine internen Ermittlungen benötigt hat, um den zuständigen ausländischen Haftpflichtversicherer zu ermitteln. Diese Zeit betrug rund zwei Arbeitswochen, was sich nach Ansicht des Saarbrücker Landgerichts im Rahmen des Vertretbaren hielt.
Unter den gegebenen Umständen habe der Kläger folglich nicht vor Ablauf von acht Wochen mit einer Regulierung seines Schadens rechnen dürfen. Diese Frist war jedoch noch nicht ausgeschöpft, als er die Klage einreichte. Der Kläger wurde daher dazu verurteilt, die Kosten des Verfahrens zu übernehmen.
Die Richter sahen keine Veranlassung zur Zulassung einer Rechtsbeschwerde.
Regelmäßiger Streit
Wegen der von Haftpflichtversicherern einzuhaltenden Regulierungsfrist gibt es regelmäßig Streit.
So waren das Koblenzer Oberlandesgericht im Februar 2015 (VersicherungsJournal 7.1.2016) sowie das Oberlandesgericht Köln im Januar 2012 (VersicherungsJournal 28.8.2012) in vergleichbaren Fällen zu einer ähnlichen Einschätzung wie das Saarbrücker Oberlandesgericht gelangt.
Zuvor hatten sich auch das Stuttgarter Oberlandesgericht (VersicherungsJournal 5.8.2010) sowie das Oberlandesgericht Düsseldorf (VersicherungsJournal 19.10.2007) mit der Frage der Regulierungsfrist befasst.
(Quelle VersicherungsJournal 02.08.2016)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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