19.09.2016
(Keine) „Sonderwürstchen“ für Vegetarier und Veganer?

Gesetzliche Krankenversicherer sind nicht dazu berechtigt, Vegetarier und Veganer durch einen zusätzlichen Passus in ihrer Satzung gegenüber ihren übrigen Versicherten zu bevorzugen. Das hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 2. Juni 2016 entschieden (L 5 KR 66/15 KL).
Der Entscheidung lag die Klage einer Betriebskrankenkasse (BKK) zugrunde, die sich nach eigener Aussage von anderen gesetzlichen Krankenversicherern seit Jahren durch ihre ökologische Ausrichtung unterscheidet.
Jährliche Blutuntersuchung
Es schien daher konsequent, dass der Verwaltungsrat der BKK in einem Nachtrag zur Satzung beschloss, Versicherten, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, die Kosten einer jährlichen Blutuntersuchung einschließlich einer ärztlichen Beratung zu bezahlen.
Denn so sollte die Gefahr möglicher Mangelerscheinungen, und zwar insbesondere der eines Vitamin-B-12-Mangels, gebannt werden.
Das als Aufsichtsbehörde für die Genehmigung der Satzungsänderung zuständige Bundesversicherungsamt hielt die Erweiterung des Versicherungsschutzes für rechtswidrig. Das Amt lehnte es daher ab, die Leistungserweiterung zu genehmigen.
Konkrete individuelle Gründe
Zu Recht, urteilten die Richter des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz. Sie wiesen die Klage der Betriebskrankenkasse gegen die Entscheidung des Bundesversicherungsamts als unbegründet zurück.
Das Gericht stellte zwar nicht in Abrede, dass gesetzliche Krankenversicherer dazu berechtigt sind, in ihrer Satzung zusätzliche Leistungen im Bereich der medizinischen Versorgung vorzusehen. Erforderlich sei aber, dass eine Erweiterung des Leistungsumfangs aus konkreten individuellen Gründen nötig sei, um ein drohendes Krankheitsrisiko abzuwenden oder zumindest zu minimieren.
Einem derartigen speziellen Risiko seien jedoch weder Vegetarier noch Veganer ausgesetzt. Denn anders als von der Krankenkasse vorgetragen, hätten sie zum Beispiel keinen Vitamin-B-12-Mangel und hierdurch verursachte Erkrankungen zu befürchten. Dieser Personenkreis dürfe daher nicht mithilfe einer Satzungserweiterung gegenüber anderen Versicherten bevorzugt werden.
Zweiter Fall innerhalb weniger Tage
Erst kürzlich hatte sich das Bundessozialgericht mit dem Fall einer Betriebskrankenkasse zu befassen, die ihren Versicherten mithilfe einer Satzungsänderung einen weltweiten Auslandsreise-Krankenversicherungs-Schutz angedeihen wollte.
Auch in diesem Fall wurde der BKK die Satzungsänderung nicht genehmigt (VersicherungsJournal 2.6.2016).
(Quelle VersicherungsJournal 14.06.2016)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de