15.08.2016
Wenn ein Autofahrer ein Mobiltelefon in der Hand hält

Hält ein Autofahrer während der Fahrt ein Mobiltelefon in der Hand, telefoniert nachweislich aber mithilfe einer im Fahrzeug befindlichen Freisprecheinrichtung, so darf er nicht wegen verbotswidriger Nutzung des Telefons bestraft werden. Das hat das Oberlandesgericht Stuttgart mit Beschluss vom 25. April 2016 entschieden (4 Ss 212/16).
Ein Autofahrer war vom Amtsgericht Backnang wegen fahrlässiger Nutzung eines Mobiltelefons mittels Halten in der Hand während der Fahrt zur Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 60 Euro verurteilt worden.
Nicht zu widerlegen
In seiner hiergegen eingelegten Rechtsbeschwerde trug der Beschuldigte vor, das Telefonat bereits vor Fahrtantritt begonnen zu haben. Nach dem Start des Motors habe sich sein Mobiltelefon via Bluetooth automatisch mit der Freisprecheinrichtung des Fahrzeugs verbunden, mit deren Hilfe er das Telefonat fortgesetzt habe. Nach der Verbindung mit der Einrichtung habe er es lediglich vergessen, das Telefon aus der Hand zu nehmen.
Diese Darstellung konnte dem Mann nicht widerlegt werden. Das Stuttgarter Oberlandesgericht gab daher seiner Rechtsbeschwerde gegen das erstinstanzliche Urteil statt und sprach ihn auf Kosten der Staatskasse frei.
Eine Frage der Nutzung
Das Amtsgericht hatte zwar ausgeführt, dass das Verhalten des Betroffenen nicht anders zu werten sei, als hätte er die Lautsprecherfunktion seines Mobiltelefons genutzt und es dabei in der Hand gehalten. Doch diesem Argument wollten sich die Richter des Oberlandesgerichts nicht anschließen.
Auch der Verweis des Amtsgerichts auf § 23 Absatz 1a StVO vermochte das Oberlandesgericht nicht davon zu überzeugen, dass der Autofahrer zu verurteilen sei. Mit diesem Paragrafen nach dem Willen des Gesetzgebers sichergestellt werden, dass eine Ablenkung durch ein Mobiltelefon auf ein Minimum reduziert wird, damit der Fahrer beide Hände zum Führen des Kraftfahrzeugs frei hat.
Nach Ansicht der Richter des Oberlandesgerichts verstößt ein Kraftfahrzeugführer, der während der Fahrt ein mit einer Freisprechanlage verbundenes Mobiltelefon in der Hand hält und über eine Freisprechanlage telefoniert, nicht gegen das Verbot der Benutzung von Mobiltelefonen.
Dies gilt jedenfalls, solange er keine weiteren Funktionen des in der Hand gehaltenen Geräts nutzt. Denn nach dem Wortlaut des Gesetzes dürfe ein Fahrzeugführer ein Mobil- oder Autotelefon während der Fahrt nur dann nicht benutzen, wenn er hierfür das Mobiltelefon oder den Hörer des Autotelefons aufnehmen oder halten müsse.
Fehlender sachlicher Grund
Die Verwendung eines Mobiltelefons via Bluetooth sei folglich keine „Benutzung“ im Sinne der Straßenverkehrsordnung, wenn dazu das Telefon nicht zwingend in der Hand gehalten werden müsse. Davon sei im Fall des Betroffenen auszugehen.
„Das bloße Halten eines Mobiltelefons begründet demgegenüber kein eigenständiges Gefährdungspotenzial. Hierfür spricht maßgeblich, dass der Verordnungsgeber die Benutzung anderer Geräte oder die Vornahme sonstiger Tätigkeiten, die es bedingen, dass nicht beide Hände für die eigentliche Fahraufgabe zur Verfügung stehen (zum Beispiel Bedienung des Radiogerätes, Rauchen, Verzehr von Speisen und Getränken), nicht ebenso verboten hat“, heißt es dazu in dem Beschluss des Stuttgarter Oberlandesgerichts.
Es sei folglich kein sachlicher Grund erkennbar, der eine unterschiedliche Behandlung beider Konstellationen rechtfertigen würde.
Der Wortlaut des Beschlusses kann auf den Internetseiten des Gerichts nachgelesen werden. Im Archiv des VersicherungsJournals sind eine Vielzahl weiterer Urteile zur verbotenen Nutzung von Mobiltelefonen durch Fahrzeugführer zu finden.
(Quelle VersicherungsJournal 26.05.2016)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de