Ob ein im Rahmen einer Gefälligkeitshandlung verursachter Schaden durch den Schädiger ausgeglichen werden muss, hängt nicht davon ab, dass dieser über eine Privathaftpflicht-Versicherung verfügt. Das geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 7. Juli 2015 hervor (3 U 1468/14).
Während eines Kuraufenthalts seines Nachbarn hatte es der Beklagte gefälligkeitshalber übernommen, sich unter anderem um dessen Garten zu kümmern. Dazu gehörte es auch, die Pflanzen und den Rasen regelmäßig zu bewässern.
An einem der Tage drehte der Beklagte nach der Bewässerung zwar die am Gartenschlauch befindliche Düsenspitze zu. Er vergaß es aber, die Wasserzufuhr für den Schlauch abzustellen.
Das hatte zur Folge, dass sich in der darauf folgenden Nacht der unter Druck stehende Schlauch vom Wasserhahn löste und wegen der Bodenverhältnisse erhebliche Mengen Leitungswasser in das Untergeschoss des Gebäudes des Nachbarn eindrangen.
Erfolgreiche Berufung
Der dadurch entstandene Gebäudeschaden wurde zwar von dem Versicherer des Nachbarn in Höhe des Neuwerts reguliert. Dieser wollte den Beklagten jedoch in Höhe des Zeitwertschadens in Regress nehmen.
Im Rahmen der Privathaftpflicht-Versicherung des Beklagten waren zwar Schäden bei Nachbarschaftshilfe und Gefälligkeits-Handlungen mitversichert. Der Versicherer lehnte es jedoch ab, den Schaden zu regulieren.
Das Landgericht Koblenz verurteilte den Beklagten zur Zahlung des von dem Versicherer seines Nachbarn geforderten Betrages. Sein Argument: Angesichts des Bestehens der Haftpflicht-Versicherung könne nicht von einem in Fällen einer Gefälligkeitshandlung üblichen stillschweigenden Haftungsverzicht ausgegangen werden.
Der Fall landete schließlich beim Koblenzer Oberlandesgericht. Mit seiner dort eingelegten Berufung hatte der Beklagte Erfolg.
Weder vorsätzlich noch grob fahrlässig
Nach Überzeugung des Gerichts ist der Beklagte durch seine Bereitschaft, sich während dessen Abwesenheit unentgeltlich um den Garten seines Nachbarn zu kümmern, keine rechtliche Verpflichtung eingegangen. Der Wasserschaden ist vielmehr im Rahmen einer klassischen nachbarschaftlichen Gefälligkeit des täglichen Lebens eingetreten.
In derartigen Fällen sei die Haftung jedoch auf Fälle von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit begrenzt. Der Beklagte habe den Schaden jedoch lediglich fahrlässig verursacht. Denn er habe nicht damit rechnen müssen, dass nach dem Lösen des unter Wasserdruck stehenden Schlauchs Leitungswasser in das Gebäude eindringen und das Untergeschoss fluten werde.
Das Bestehen einer Haftpflicht-Versicherung ist kein Argument
Im Übrigen führe allein der Umstand, dass ein Schädiger über eine Privathaftpflicht-Versicherung mit Einschluss von Schäden bei Nachbarschaftshilfe und Gefälligkeitshandlungen verfüge, nicht zu einer Umkehr der in solchen Fällen geltenden Haftungsgrundsätze.
Das gelte insbesondere für typische alltägliche und unentgeltliche Gefälligkeiten unter Freunden, Nachbarn oder Kollegen. Denn in solchen Fällen könne sich der Geschädigte dem Ansinnen des Schädigers nach einer Haftungsbeschränkung nicht verschließen.
„Da bei der Inanspruchnahme einer Haftpflicht-Versicherung üblicherweise eine Selbstbeteiligung, eine Prämienerhöhung oder die Kündigung des Vertrages drohen, kann nicht angenommen werden, dass sich der Gefällige unter diesen Umständen nicht auf eine Haftungsbeschränkung berufen kann. Andernfalls ist zu erwarten, dass sich kaum noch jemand zu einer solchen oder ähnlichen Hilfeleistung bereit erklären würde“, heißt es dazu ergänzend in der Urteilsbegründung.
(Quelle VersicherungsJournal 06.11.2015)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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