Wer einen Erwachsenen zu einer selbstgefährdenden Handlung überredet, haftet nicht für einen dadurch entstandenen Schaden. Das hat das Oberlandesgericht Hamm mit einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 25. November 2015 entschieden (9 U 142/14).
Die seinerzeit 51-jährige Klägerin hatte im September 2012 zusammen mit dem Beklagten eine Oktoberfest-Veranstaltung an der Hafenarena in Münster besucht.
Schwere Schulterverletzung
Als sie der Beklagte zum Tanz aufforderte, begab sich das Paar auf die Tanzfläche. Dort angekommen stellten sie fest, dass viele Besucher leere Bänke der Bierzeltgarnituren bestiegen hatten, um auf diesen zu schwofen.
Auch der Beklagte bestieg eine der Bänke, wobei er die Klägerin dazu aufforderte, es ihm gleich zu tun. Dieser Aufforderung kam die Klägerin nach kurzem Zögern nach. Das sollte sich als Fehler erweisen. Denn kurz darauf stürzte sie von der wackeligen Bank. Dabei zog sie sich eine schwere Schulterverletzung zu, die zu einer dauerhaften Bewegungseinschränkung führte.
Niederlage in zwei Instanzen
In ihrer gegen den Beklagten eingereichten Schadenersatz- und Schmerzensgeldklage trug die Frau vor, von ihrem Bekannten gegen ihren eigentlichen Willen auf die Bank gezogen worden zu sein. Daher sei ihr Bekannter für die Verletzung verantwortlich.
Doch das vermochte weder die Richter des in der ersten Instanz mit dem Fall befassten Landgerichts Münster, noch den 9. Zivilsenat des Hammer Oberlandesgerichts zu überzeugen. Beide Instanzen wiesen die Klage als unbegründet zurück.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hatte der Beklagte die Klägerin zwar tatsächlich dazu aufgefordert, auf die Bank zu steigen und ihr dabei auch geholfen.
Eigene Verantwortung
Ein Erwachsener, der sich auf eine wackelige, zum Tanzen erkennbar ungeeignete Sitzgelegenheit wie eine Bierbank begibt, ohne dazu gezwungen worden zu sein, ist nach Überzeugung der Richter jedoch selbst für die Folgen eines dadurch entstandenen Unfalls verantwortlich.
Die Klägerin kann eine Haftungsverpflichtung des Beklagten auch nicht daraus ableiten, dass er ihr dabei geholfen hat, die Bank zu besteigen. „Denn es besteht kein allgemeines Gebot, andere vor Selbstgefährdung zu bewahren“, so das Gericht.
Es ist nicht das erste Mal, dass ein Sturz von einer Bierbank vor Gericht landete. So hatte das Amtsgericht München vor einigen Jahren über einen Fall zu entscheiden, bei dem eine Festbesucherin auf eine Bank zum Tanzen gestiegen war, dabei das Gleichgewicht verloren und einen anderen Besucher verletzt hatte.
Das Gericht befand, dass sich die Frau nicht mit dem Argument aus der Haftung stehlen kann, dass sie von einem Dritten angerempelt worden sei, und verurteilte sie zur Zahlung von Schmerzensgeld (VersicherungsJournal 19.9.2007).
(Quelle VersicherungsJournal 05.01.2016)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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