29.02.2016
Tragischer Unfall auf der Kirmes-Rutsche

Wer einen Verkehr wie eine Rutsche auf einer Kirmes eröffnet, ist dazu verpflichtet, ihn auch zu sichern. Deshalb müssen die Gefahren, die dem Betreiber bekannt sind, beseitigt werden. Wenn das nicht vollständig möglich ist, müssen die Verkehrsteilnehmer, die die nötige Sorgfalt beachten, aber die Gefahr nicht erkennen können, davor gewarnt werden. Dies hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Aachen in einem Urteil vom 30. Juni 2015 entschieden (12 O 482/14).
Die Klägerin hatte an einem regnerischen Augusttag die sogenannte „Bayern-Rutsche“ genutzt, die der Beklagte auf einer örtlichen Kirmes aufgestellt hatte. Dabei rutschte sie auf einer Rutschmatte die Bahn hinunter.
Aufgrund der Nässe der Bahn war die Geschwindigkeit so hoch, dass sie nicht mehr bremsen konnte und nach unten schoss. Im Auslauf der Bahn verletzte sie sich das Sprunggelenk und musste operiert werden.
Langfristige Schädigungen
Nach dem zehntägigen Krankenhausaufenthalt musste sie 14 Wochen auf Krücken gehen, hat andauernde Belastungs-Einschränkungen und Schmerzen, kann ihrer Tätigkeit als Lehrerin nur eingeschränkt nachgehen und muss ihr Hobby Balletttanz womöglich dauerhaft aufgeben.
Vor Gericht klagte sie wegen eines angemessenen Schmerzensgelds und der Erstattung ihrer Anwaltskosten.
Die Beklagte beantragte die Klage abzuweisen. Die Bahn sei nicht nass, sondern allenfalls an einigen Stellen feucht gewesen. Die Klägerin habe die Rutsche bestimmungswidrig benutzt, weil sie teilweise mit hoch erhobenen Armen gerutscht sei, anstatt ihre Handfläche auf die Lasche an der Rutschmatte zu legen. Dadurch wäre die Geschwindigkeit abgebremst worden.
Sicherung ist obligatorisch
Das Landgericht Aachen gab der Klägerin weitgehend Recht. Derjenige, der einen Verkehr eröffnet, sei für die Sicherung des Verkehrs verantwortlich. Zwar könne nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden. Im Grundsatz könne man aber erwarten, dass diejenigen Gefahren beseitigt werden oder vor ihnen gewarnt wird, auf die sich ein Verkehrsteilnehmer nicht rechtzeitig einstellen oder die er nicht erkennen kann.
In diesem Sinne habe der Betreiber der Rutsche gegen die Verkehrssicherungs-Pflicht verstoßen. Dass die Rutschmatten nass waren, wurde auch von mehreren Zeugen bestätigt, die das Gericht als glaubwürdig einstufte, auch wenn sie mit der Klägerin befreundet sind.
Die Aussage der Zeugin der Gegenseite wurde dagegen nicht gewertet, weil sie zu allgemein und wenig belastbar sei und über die konkrete Situation des Sturzes nur Mutmaßungen lieferte. Generell sei nur dem Betreiber, aber nicht den Benutzern der Rutsche bekannt, wie gefährlich eine nasse Bahn ist.
Keine neuen Schuhe
Deshalb folgte das Gericht der Forderung der Klägerin im Wesentlichen und sprach ihr neben der Erstattung ihrer außergerichtlichen Anwaltsgebühren ein Schmerzensgeld in Höhe von 8.229 plus Verzinsung zu. Zudem stellte das Gericht fest, dass die Beklagte zum Ersatz aller zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden der Klägerin als Folge des Unfalls verpflichtet ist.
Nur den zusätzlichen Ersatz der beim Unfall lädierten Jeans und Schuhe in Höhe von 100 Euro fand es nicht für angemessen und lehnte diese Forderung ab.
(Quelle VersicherungsJournal 24.11.2015)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
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