15.02.2016
Streit um Versicherungspflicht

Ein GmbH-Geschäftsführer, der nicht an dem Unternehmen beteiligt ist, ist auch dann versicherungspflichtig, wenn ihm bei der Führung des Unternehmens faktisch weitreichende Befugnisse zukommen und er im Alltagsgeschäft keinen Weisungen unterliegt. Das hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 29. Juli 2015 entschieden (B 12 R 1/15 R).
Geklagt hatte eine Glas- und Holzhandwerks GmbH. Deren Geschäftsführer hatte das Unternehmen im Jahr 1994 als Einzelfirma gegründet und geleitet. Nach der Trennung von seiner Ehefrau wurde die Firma 2002 in eine GmbH umgewandelt. Deren einzige Gesellschafterin war die Lebensgefährtin des Betriebsgründers. Er selbst wurde als Geschäftsführer bestellt.
Uneingeschränkte Rechtsmacht
Als solcher bezog er ein vom jeweiligen Monatsabschluss abhängiges Gehalt sowie eine gewinnabhängige Tantieme. Außerdem hatte er einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Dauer von drei Monaten.
Die Rechtsmacht des Geschäftsführers war unbeschränkt. Denn angesichts seines umfangreichen Know-hows war die Existenz der Firma ohne ihn undenkbar. Daher unterlag er im Alltagsgeschäft auch keinen Weisungen.
Trotz allem stufte ihn die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) nach einer Betriebsprüfung als versicherungspflichtig ein und forderte die Zahlung entsprechender Beiträge.
Niederlage in letzter Instanz
Mit ihrer hiergegen eingereichten Klage hatte die GmbH zunächst Erfolg. Sowohl das Sozialgericht Halle als auch das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt gingen davon aus, dass der Geschäftsführer als „Kopf und Seele“ des Unternehmens wie ein Selbstständiger tätig und sozialversicherungs-rechtlich als solcher zu behandeln ist.
Durch seine gewinnabhängige Entlohnung sowie seine Lebensgemeinschaft mit der Alleingesellschafterin habe er außerdem ein erhebliches Unternehmerrisiko getragen. Die Richter hoben den Beitragsbescheid daher auf.
Zu Unrecht, urteilte das von der DRV in Revision angerufene Bundessozialgericht. Es gab der Revision statt und wies die Klage als unbegründet zurück.
Abhängiges Beschäftigungsverhältnis
Auch wenn einzelne Abreden zwischen dem Geschäftsführer und der GmbH untypisch für eine abhängige Beschäftigung sind, so rechtfertigt das nach Meinung des Bundessozialgerichts nicht die Einschätzung der Vorinstanzen, dass der Geschäftsführer versicherungsrechtlich wie ein Selbstständiger zu behandeln ist.
Denn bei einem GmbH-Geschäftsführer ohne Beteiligung an der Gesellschaft müsse regelmäßig von einem versicherungs-pflichtigen Beschäftigungs-Verhältnis ausgegangen werden – und das unabhängig davon, ob ihm faktisch weitreichende Befugnisse zukommen und er, wie in dem entschiedenen Fall, im Alltagsgeschäft keinen Weisungen unterliegt.
Auch die Tatsache, dass der Geschäftsführer das Unternehmen ursprünglich gegründet hat, es nach eigenem Gutdünken führt und dessen „Kopf und Seele“ ist, ändert nach Ansicht des Bundessozialgerichts nichts an dessen Stellung als abhängig Beschäftigter.
Er unterliegt daher der Beitragspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung.
(Quelle VersicherungsJournal 12.08.2015)
Jürgen Zwilling und Ursula Zwilling
- Versicherungsmakler-
juergenzwilling@auc-zwilling.de ursulazwilling@auc-zwilling.de